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Anleihe-Shortys auf der Flucht

18. April 2017 - Raimund Brichta in Allgemein | 5 Kommentare

Die Anleihe-Shortys ziehen sich immer mehr zurück. (Siehe auch meinen Beitrag vom 12. April.) Sie haben sich in den letzten Wochen auch genug blutige Nasen geholt.

Leser unseres Buches sind ohnehin darauf vorbereitet, dass es die nachhaltige Zinswende nach oben, die um die Jahreswende herum ausgerufen worden ist, nicht geben wird. Zumindest nicht, solange das System noch nicht gecrasht ist. Erst nach dem Crash werden Geldvermögens- und Schuldenmengen wieder auf einem Niveau sein, das höhere Zinsen erlaubt.

Aber das versteht tatsächlich nur jemand, der weiß, wie unser Geldsystem funktioniert. Dazu gehören glücklicherweise nur wenige Menschen. Glücklicherweise schreibe ich deshalb, weil man als Wissender einen entscheidenden Wissensvorsprung hat. Nach meiner Erfahrung ist es sogar so, dass die meisten Leute an diesem Wissen gar nicht interessiert sind. Selbst schuld also 😉

Hier ein Beispiel aus der aktuellen Actien-Börse für Shortys auf dem Rückzug:

„Wir planen den Rückzug aus der Short-Position im German Bund.

Die Grundlage hierfür ist die veränderte Haltung der Fed, die voraussichtlich als Lehrbeispiel dafür gilt, wie die Normalisierung der Zinslandschaft funktionieren könnte und dürfte. Dies ergibt sich aus dem jüngsten Protokoll der Fed und ist höchst aufschlussreich und wegweisend. Die EZB-Spitze dürfte diese Politik als Vorbild dafür nehmen, wie man die europäische Zinslandschaft anders steuert als mit Negativzins und Bondkäufen.“ (Quelle: Die Actien-Börse Nr. 15 vom 13.4.2017)

Allerdings reden die geschätzten Kollegen auch hier noch von einer „Normalisierung der Zinslandschaft“. Darunter kann sich jeder etwas anderes vorstellen. Sollte damit gemeint sein, dass die Zinsen wieder in früher gewohnte Höhen vorstoßen, wird dieser Traum vermutlich platzen (siehe oben). Mickerige Zinsen sind die neue Normalität,

meint Ihr
Raimund Brichta

P.S. Zur Klarstellung: Das bedeutet nicht, dass die Zinsen im laufenden Zyklus nicht noch weiter steigen könnten – was sie unter Schwankungen vermutlich auch tun werden. Aber sie werden nach meiner Erwartung eben nicht mehr in jene Höhen steigen, die früher als normal angesehen wurden. Und der laufende Zyklus wird spätestens dann zu Ende sein, wenn die nächste Krise kommt.

5 Kommentare

  1. Hallo Herr Brichta, absolute Aussagen hinsichtlich Börsenpreise oder wie hier Zinsen sind mutig und wurden in der Vergangenheit von vielen „Experten“ oftmals getätigt. Ich kann mich noch gut erinnern, als vor Jahren die Experten und namhafte Politiker (z.B. Herr Verheugen im ZDF etc.) einheitlich der Meinung waren, dass der Ölpreis nie wieder billiger wird. Kurse von weniger als 100 Dollar je Barrel gibt es nicht mehr. Ohne wenn und aber. Die Begründungen waren vielfältig und teilweise sehr logisch argumentiert. Das extreme Gegenteil ist eingetreten. Wahrscheinlich, weil gerade niemand mehr damit gerechnet hat und an der Börse oftmals das (subjektiv) Unmögliche Gegenteil eintritt. Deshalb sind (sinngemäß zitierte) Aussagen wie „nachhaltige Zinsentwicklungen nach oben sind nicht möglich, außer es kommt der finale Finanzcrash mit dem Neustart unseres Systems“ mit Vorsicht zu genießen. Wie es tatsächlich kommt, weiß ich nicht. Aber mein Gefühl sagt mir äußerste Vorsicht, wenn die breite Masse einer festen Meinung am Finanzmarkt ist (das die Zinsen nicht mehr steigen, proklamieren die meisten Marktteilnehmer und Experten). Morgen kommt Ihr Buch zu mir nach Hause. Ich werde es lesen und Ihnen bei Gelegenheit feed-back geben. Vielleicht bin ich dann auch ein „Wissender“ 🙂 In diesem Sinne einen schönen Abend. Viele Grüße, Rainer Kraushaar

    • Fein, dass Sie dazu gehören wollen, lieber Herr Kraushaar.

      Was die Mehrheitsmeinung anbelangt, ist mein Eindruck ein ganz anderer als der Ihre: Die meisten Marktteilnehmer und Experten proklamieren nach meinen Beobachtungen vielmehr, dass die niedrigen Zinsen einen Ausnahmezustand darstellten und dass sich das Zinsniveau früher oder später wieder „normalisieren“ werde. Das ist z. B. seit Langem das, was ich in der Actien-Börse lese.

      Um Missverständnissen vorzubeugen, habe ich an meinen obigen Beitrag aber noch folgende Klarstellung angehängt:

      Zur Klarstellung: Das bedeutet nicht, dass die Zinsen im laufenden Zyklus nicht noch weiter steigen könnten – was sie unter Schwankungen vermutlich auch tun werden. Aber sie werden nach meiner Erwartung eben nicht mehr in jene Höhen steigen, die früher als normal angesehen wurden. Und der laufende Zyklus wird spätestens dann zu Ende sein, wenn die nächste Krise kommt.

    • Apropos: Falls Ihnen nach Lektüre des Buches ein schlagendes Argument dafür einfallen sollte, warum die Zinsen vor dem Zusammenbruch doch noch nachhaltig auf frühere Höhen steigen könnten, lassen Sie es mich wissen. Denn ich will meine Erkenntnisse laufend durch einen Abgleich mit möglichen Einwänden überprüfen. Möglicherweise kommt dabei ja wirklich einmal ein schlagendes Argument zum Vorschein? Ich bin gespannt;)

      Eine unter Umständen anziehende Inflation wäre jedenfalls kein solches schlagendes Argument. Denn abgesehen davon, dass mit einer solchen aufgrund des Systemzustandes nicht zu rechnen ist (Beispiel Japan), gilt meine Prognose selbstverständlich für den Realzins.

  2. Ich bin mit der „Action-Börse“ nicht vertraut – aber ist das nicht vielleicht eher eine kurzfristige Tendenz der Marktteilnehmer (sofern die „Action-Börse“ für die Marktteilnehmer repräsentativ ist). Vor – sagen wir einmal – etwa anderthalb Jahren konnte man zuhauf Expertenaussagen lesen, die ähnlich wie Sie voraussagten, dass es nie wieder hohe oder „normale“ Zinsen (oder überhaupt nennenswerte positive Zinsen) geben werde. Zu lesen war, dass Geld parken Geld kostet. Die (mittlerweise sehr alte) Parole „Die Dividende ist der neue Zins“ wurde etwa zur der Zeit besonders stark bemüht und neuere Finanzprodukte wurden besonders stark beworben, welche mit irgendwelchen Strategien (z.B. dividendenstarken Aktien) einen Ersatzzins generieren sollten. Dies war jedenfalls mein Eindruck. Und jetzt behaupten „die Marktteilnehmer und Experten“ wieder das Gegenteil?

    Ich habe keine Zweifel, dass Sie mit Ihrer Einschätzung zur Zinsentwicklung richtig liegen. Was aber die Experten und Marktteilnehmer betrifft: Die sagen heut „hü“ und morgen „hott“. Sie führen keine systemischen (oder systemtheoretischen) Betrachtungen durch wie Sie.

    • Hallo Sandro,

      auch wenn die Actien-Börse zuweilen viel Action verspricht, hat sie sich noch nicht umbenannt 😉

      Aber Sie unterscheiden ganz richtig zwischen unabhängiger Analyse, wie ich sie betreibe, und geschäftsgetriebenem Marketing. Jene „Experten“, die damals ihre Produkte angepriesen haben, taten dies, um zu verkaufen. Ich kann mich aber trotzdem nicht daran erinnern, dass diese in der Mehrheit behauptet hätten, es gäbe „nie wieder“ normale Zinsen. Die meisten hielten sich mit solchen konkreten Prognosen zurück und formulierten es eher so, dass nun auf „längere Zeit“ mit Niedrigzinsen zu rechnen sei. Und wenn es ihnen angebracht erscheint, wird aus hü ganz schnell wieder hott.

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