Depotvorschlag: De’Longhi
21. April 2018 - Oliver in Allgemein | 17 Kommentare
Kurzporträt: 1902 gegründetes Familienunternehmen, Hersteller von Küchen- und Haushaltsgeräten der Marken De’Longhi (Kaffeevollautomaten und (N)Espressomaschinen, Klimageräte), Braun (Stabmixer, Bügelgeräte), Kenwood und Ariete (Küchenmaschinen). De’Longhi ist in 33 Ländern vertreten – in nicht wenigen davon Marktführer. Intakte Wachstumsstory, trotzdem bodenständig.
Laut Daten von BO (s. Link): Eigenkapitalquote knapp 50%, Dividendenrendite knapp 4%, nächste HV am 19.04.2018. Mit einem KGV von 21 nicht billig, aber deutlich billiger als Rational.
https://www.boerse-online.de/bilanz_guv/De_Longhi_SPAAz
Chartbild: Langjähriger Aufwärtstrend in Schüben, Oberseite des Charts zeigt spekulative Übertreibungsphasen bei zunehmender Volatilität. Unterseite: aufwärts gerichtete Unterstützungslinie, an der die Kurse immer wieder nach oben drehen. Ein solcher Wendepunkt könnte in Kürze erneut erreicht sein. Beste Grüße
Ich halte De‘Longhi für eine interessante Aktie. Ich lehne zwar die Espresso-Kapsel-Mode wegen ihrer umweltbelastenden Auswirkungen ab, kann aber ansonsten aktuell kein Haar in der Suppe bzw. im Kaffee finden. Zum einen sollte das Kapselgeschäft nur einen kleinen Teil des Gesamtgeschäfts im Unternehmen ausmachen, zum anderen halte ich Espresso grundsätzlich für einen wahren Wert. Er sollte allerdings nicht mit einem Kaffee-Vollautomaten, sondern mit einer Siebträgermaschine zubereitet werden. Aber auch sowas hat De‘Longhi im Angebot.
Die Geschäftszahlen der vergangenen fünf Jahre gefallen mir auch. Die EK-Quote liegt zwar knapp unterhalb unseres Zielwerts, wäre aus meiner Sicht aber noch akzeptabel.
Bleibt die Frage nach der Krisenfestigkeit: Diese ist vermutlich weniger ausgeprägt, wie auch der Kurseinbruch während der Finanzkrise zeigt. Das scheint einleuchtend: In der Krise verzichtet man halt eher auf eine neue Kaffeemaschine. Somit erscheint De‘Longhi aktuell zwar als ein interessantes Investment (zumal der Chart sich in der Nähe einer möglichen Unterstützung bewegt), aber in der nächsten Krise möchte ich die Aktie nicht halten.
Frage an die anderen: Wie stark sollen wir dieses Argument gewichten? Schließlich wollen wir in der nächsten Krise ohnehin nicht in größerem Ausmaß in Aktien investiert sein.
Hallo Herr Brichta,
über die Krisenfestigkeit habe natürlich auch ich nachgedacht, die Mitteilung meiner Erkenntnisse wurde jedoch durch die Textlängenbegrenzung des Eingabefelds erfolgreich vereitelt. 😉
Am 18.04.2007 wurde das Produktionswerk von De’Longhi in Treviso durch einen schweren Brand nahezu vollständig zerstört. Der Aktienkurs fiel am Nachmittag dieses Tages um zwei Prozent. Dieser herbe Schicksalsschlag dürfte die gesamte Geschäftstätigkeit in den Jahren 2007 und 2008 negativ beeinflusst haben. Etwas Schlimmeres als den Verlust der Produktionsstätte kann so einem Unternehmen wohl kaum passieren.
Der bis Anfang 2009 andauernde Kursrückgang ist also möglicherweise zum Teil auch auf diesen negativen Sondereffekt zurückzuführen. Die Finanzkrise kam dann noch obendrauf.
Wenn man die nachfolgende fulminante Geschäftsentwicklung betrachtet, wird man rückblickend feststellen, dass dieses Unternehmen in der Lage war, schwerste Rückschläge wegzustecken und auch schwierige Situationen zu meisten. Man darf dem Unternehmen somit guten Gewissens ein gerütteltes Maß an Krisenresistenz attestieren.
P.S. Ihre Meinung zu den Espresso-Kapseln teile ich. Zur meinen Erfahrungen mit der Technik der Kaffee-Vollautomaten kann ich ggf. später noch ein paar Worte schreiben.
Ja bitte, schreiben Sie und andere Leser unbedingt, welche Erfahrungen Sie mit den Kaffee-Automaten haben. Denn die Zufriedenheit der Kunden ist ebenfalls ein wichtiges Kriterium.
Was den Kursrückgang um 2% am Tag des Brandes anbelangt, so ist dieser vernachlässigbar. Wichtig wäre es zu unterscheiden, ob und warum auch später noch ein wesentlicher Teil des Kurseinbruchs auf den Brand zurückzuführen war, oder ob es nicht doch die Krise gewesen ist. Normalerweise sind solche Schäden (inkl. der Produktionsausfälle) durch Versicherungen gedeckt. Außerdem sollte es möglich sein, die Produktion vorübergehend auf andere Werke zu verlagern.
Was die Zeilenbegrenzung anbelangt, arbeitet unser Webmaster an einer Lösung.
Es war zu diesem Zeitpunkt ganz offensichtlich nicht möglich, die Produktion vorübergehend auf andere Werke zu verlagern. Wie der Pressemitteilung vom 19. April 2007 zu entnehmen ist, war bereits einen Tag nach dem Brand die Entscheidung getroffen worden, die Produktionsanlagen am Hauptsitz in Treviso (Stadtteil Mignagola) wieder aufzubauen und zwar bis spätestens Mai – ein ambitioniertes Vorhaben:
https://www.delonghigroup.com/sites/default/files/press-release-19-april-2007.pdf
Glücklicherweise war das 6 km vom Werk entfernt liegende Logistikzentrum nicht betroffen, d.h. man verfügte wohl noch über einen gewissen Rest-Warenbestand an fertiggestellten Geräten.
Den Grund für diese klare Entscheidung findet man zwischen den Zeilen, wenn man diese Meldung genau liest:
https://www.news.at/a/schwerer-brand-de-longhi-treviso-verheerendes-feuer-1-000-jobs-170750
Das Werk in Treviso zählte bereits zum Zeitpunkt des Unglücks zu den modernsten in Europa. De’Longhi hatte hier also sehr viel in Produktionstechnik investiert. Das Unglück war somit ein empfindlicher Treffer. Ich gehe davon aus, dass andere Produktionsstätten, die in der Lage gewesen wären, diesen Ausfall zu kompensieren, schlicht nicht vorhanden waren.
Es ist absolut richtig, dass solche Schäden (inkl. der Produktionsausfälle) in der Regel durch Versicherungen gedeckt sind. Das ist aber nur die eine Seite. Die andere ist, dass man danach in der prekären Lage ist, seine Kunden nicht mehr beliefern zu können. Man verliert quasi jeden Tag Marktanteile, denn die Konkurrenz schläft nicht.
Wie die Pressemitteilung vom 19. Juli 2007 beweist, dürfte das auch hier der Fall gewesen sein. Die Wiederinbetriebnahme war zwar geschafft, man musste jedoch auch Umsatzeinbußen hinnehmen:
„We are very satisfied of the achieved results – says the C.E.O. Fabio de‘ Longhi – in a quarter where we were hit by a very extraordinary event, like the fire in our Treviso plant, that impacted on the sales of some of our product lines.“
https://www.delonghigroup.com/sites/default/files/press-release-19-july-2007.pdf
Heute, über 10 Jahre später, verfügt das Unternehmen über neun Produktionsstätten in Norditalien und lässt seine Geräte in China und anderen Niedriglohnländern produzieren.
https://de.wikipedia.org/wiki/De%E2%80%99Longhi
Unter ethischen Gesichtspunkten sicherlich hinterfragbar aus risiko-strategischer Sicht macht die Diversifikation auf mehrere Produktionsstandorte jedoch Sinn. Noch wichtiger: man hat aus dem Vorfall gelernt.
Welchen Anteil am Kursrückgang diese Geschichte wirklich hatte, ist meiner Meinung nach nicht verlässlich quantifizierbar. Man darf aber annehmen, dass die durch das Unglück verursachten Einbußen spätestens auf der HV im Frühjahr 2008 Thema waren. Eine HV und die damit verbundene Dividendenfestsetzung sind ja immer ein Blick in den Rückspiegel. Somit könnten die damals veröffentlichten Zahlen auch 2008 noch auf die Kurse nachgewirkt haben.
Die Vermutung, dass der Jahres-RÃœCK-Blick auf einer HV für einen so lang anhaltenden drastischen Kursrückgang verantwortlich gewesen sein könnte, erscheint mir gewagt. Lag es nicht doch eher an der damaligen Finanzkrise? Schließlich lag der Brand damals schon ein Jahr zurück …
Das will ich gar nicht in Abrede stellen. Wenn ich schätzen müsste, würde ich sagen: 60% Finanzkrise, 40% Sondereffekte (und kann damit falsch liegen… 😉).
Zumindest gab es im Fiskaljahr 2007 (HV 2008) im Vergleich zum Vorjahr deutliche Rückgänge beim Reingewinn (Net Profit) und Gewinn je Aktie (EPS):
https://www.delonghigroup.com/en/content/dividends
Mein Fazit: Auch De’Longhi ist kein physisches Gold und zu 100% krisenfest, aber krisenfester als es der Chart suggeriert. – Ein jeder möge zu einem anderen Schluss kommen.
Beste Grüße
Welche weiteren Meinungen zu dieser Aktie gibt es?
Aus meiner Sicht befindet sich die Aktie in einem Abwärtstrendkanal.
Wachstumsaussichten?
– Die Asiaten trinken Tee und weniger Kaffee.
– Die Latein- und Südamerikaner haben keinen entsprechenden Wohlstandszuwachs, um sich solche Luxusartikel zuzulegen.
Generell würde ich mein Geld auch nicht in Italien investieren – das Land ist hochverschuldet.
Den kurzfristigen Abwärtskanal konnte man auch in dem Chart sehen, den Oliver in seinem Vorschlag mitgeschickt hatte. Insofern wäre er aus technischer Sicht kein Hindernis, trotzdem zu investieren, wenn man auf den eingezeichneten Aufwärtstrend als Unterstützung und gleichzeitigen Stopp setzen würde.
Bei näherer Betrachtung ist das aber hinfällig, denn: Oliver hat keinen logarithmischen Chart gewählt. Der von Oliver gezeigte Aufwärtstrend seit 2012 ist im logarithmischen Chart leider schon gebrochen. Deshalb meine Bitte, hier künftig nur noch logarithmische Charts zu posten. Nur diese sind für die Chartanalyse relevant.
Ok, einverstanden. Hatte ich nicht mehr daran gedacht.
Das von Michael angesprochene Muster (steiler Anstieg mit anschließendem flachen Abwärtskanal) ist im Chart mehrfach zu beobachten und wird als bullische Flagge bezeichnet.
Beste Grüße
Letzteres ist richtig. Deshalb hätte mir die Flagge auch keine Angst eingejagt 😉 Nun fehlt aber eine griffige Unterstützung, die als Stopp dienen könnte.
Das Leben ist voller Ãœberraschungen. Der eine vergisst die Vulkane, der andere die Achsenskalierung. Vielleicht sollten wir eine Streuobstwiese kaufen.
Am besten eine, unter der ein Vulkan liegt.
Hatte ich eigentlich erwähnt, dass ein Teil meiner Familie in Neuseeland lebt und im Besitz von Streuobstwiesen ist…?
Beste Grüße
Aha, von dort kommt also die Sorte Vulkan-Apfel. Wird da auch Äppelwoi gekeltert?
Nur, wenn es keine Kiwis gibt und gerade nicht rumpelt – also fast nie.
Hallo Oliver,
vielen Dank für Ihren Vorschlag. Die Aktie und Ihre Argumentation für die Aktie gefallen mir grundsätzlich gut. Trotzdem eignet sich der Wert auf Grund der mangelnden Krisenfestigkeit während der Finanzkrise nicht für unser Depot.
Beste Grüße
Anton Voglmaier