Depotvorschlag: Fiserv
18. Oktober 2018 - Albrecht in Allgemein | 5 Kommentare
Fiserv Inc. WKN 881793
Fiserv verfügt über ein überzeugendes Geschäftsmodell und die Aktie ist im Aufwärtstrend, aber leider nicht billig.
Das Geschäftsmodell ist deshalb attraktiv, weil Fiserv eine starke Position in einer sehr attraktiven Nische hat. Das Unternehmen bietet überwiegend an US-Geschäftskunden Lösungen für die Abwicklung von Zahlungen, Finanzprodukten und – Dienstleistungen an. Dabei ist die Kundenbindung sehr hoch. Durch 3-5-Jahresverträge ist somit der Geschäftsverlauf relativ stabil und gut absehbar, vergleichbar zu Versorgern oder Telefonanbietern. Die Wachstumsraten im Umsatz liegen idR zwischen 4-6% p.a.
Ohne die FISRV Systeme mit ihrer regelmäßigen Wartung und Updates geht für die Kunden buchstäblich gar nichts, gleich hinter Strom-, Telefon- bzw. Datenanbindung. Aus einer kritischen Größe mit USD 5,6 Mrd. Umsatz, 22tsd. Mitarbeitern und über 12tsd. Kunden weltweit ergeben sich Chancen aus Skalenvorteilen sowie aus absehbar weitergehenden Marktrends wie Regulierung und Strukturwandel bei Zahlungsverkehr und Finanzdienstleistungen. Die Art der Endkundenbindung, der Finanzdienstleistungen und der Anbieter ändert sich, aber der Bedarf an effizienter, sicherer und regulierungskonformer Abwicklung von Zahlungen und Finanzprodukten nimmt zu. Durch den Strukturwandel nimmt die Bedeutung der Fiserv-Lösungen für die Anbieter eher zu als ab, auch wenn die Anzahl möglicher Zielkunden durch Konsolidierung abnimmt.
Kein Substanzwert, aber ein „good business“ im Sinne von Warren Buffet: Fiserv wird durch den hohen Cashflow aus dem Dienstleistungsgeschäft attraktiv. So wurden aus USD 5,6 Mrd. Umsätzen 2017 USD 1,5 Mrd. operativer Cashflow erzielt, das sind stolze 26%. Investitionen machten dagegen nur USD 0,3 Mrd. oder 5% vom Umsatz aus, die Alimentierung des mit dem Umsatz steigenden Nettoumlaufvermögens weniger als 1%. Daraus ergibt sich ein finanzieller Spielraum von rund 20% vom Umsatz p.a., welchen das Management für Wachstum, Zukäufe oder Ausschüttungen verwenden kann.
Mankos sind allerdings die relativ hohe Verschuldung und die damit einhergehende niedrige Eigenkapitalquote. Damit wird deutlich, das offenbar ohne Not das gute Geschäftsmodell mit hohen finanziellen Risiken belastet wird. Was könnten die Gründe dafür sein?
– Verführung durch ein niedriges Zinsumfeld. Bei niedrigen Zinsen sind Ausschüttungen an Aktionäre besonders attraktiv. Fiserv wählt hierfür traditionell Aktienrückkäufe statt Dividenden, was aufgrund der unterschiedlichen Steuereffekte auch Sinn macht. Allerdings wurden in 2017 für USD 1,1 Mrd. – also quasi der ganze finanziell Spielraum von 20% ! – dafür veranschlagt und zudem per Saldo noch geringfügig Schulden aufgebaut (ca. 6% vom Umsatz bzw. USD 325 Mio.).
– Fortschreiben der Erfolgsbilanz von Jahren mit 2-stelligem Wachstum. Die Aktienrückkäufe sind ein wichtiger Treiber. Würden die Schulden aus den Ãœbernahmen zuerst getilgt, bliebe zu wenig für Aktienrückkäufe übrig. Damit ist das Management im Erfolgstrend gefangen.
Fazit: Vielleicht ein Wert für die Erarzbank, um darauf zu warten, ob das Management, die Verschuldung deutlich abbaut.
Danke für den interessanten Vorschlag, lieber Albrecht. Mich überzeugt vor allem der lang anhaltende, stetige und nicht zu steile Aufwärtstrend, der selten zu Überhitzung mit anschließenden heftigen Korrekturen führt. Also eigentlich eine Aktie, die wie geschaffen scheint für das Wahre-Werte-Depot.
Inhaltlich betrachte ich moderne Lösungen für den modernen Zahlungsverkehr ebenfalls als wahren Wert. Schließlich ist der Zahlungsverkehr das Rückrat jeder modernen Volkswirtschaft, ohne den nichts läuft. Vielleicht ist Fiserv damit eine Art amerikanischer Wirecard? Mit einem KGV von aktuell 26 ist Fiserv aber viel günstiger bewertet als Wirecard mit einem KGV von 62.
Die Knackpunkte sehe ich genauso wie Du, dennoch wäre ich in Anbetracht des relativ ruhigen und stetigen Kursverlaufs nicht abgeneigt, schon bald eine halbe Anfangsposition zu wagen. Die Aktie hat in den jüngsten Turbulenzen sauber leicht korrigiert, ohne übertrieben hektische Kursausschläge zu zeigen. Besser geht‘s nicht, oder?
Meinungen?
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In diesem Zusammenhang fällt mir Visa ein. Wurde hier auch schon vorgeschlagen und mit der Begründung „Finanzwert“ verworfen. Visa hat eine relativ hohe Eigenkapitalquote.
Das ist richtig. Allerdings ist Visa als Kreditkarten-Unternehmen nach meinem Dafürhalten noch mehr ein Finanzwert als Fiserv. Im Zweifelsfall ist es eine subjektive Entscheidung, wo man die Anlagegrenze sieht. Das höhere EK wäre sicherlich ein Pluspunkt für Visa. Der langfristige Kursverlauf gefällt mir aber bei Fiserv besser. Solche Stabilisatoren schätze ich im Depot.
Lieber Albrecht,
vielen Dank für Deine ausführliche und profunde Analyse der Fiserv Inc.
Die relativ hohe Verschuldung gefällt mir auch nicht.
Trotzdem hatten Raimund, Volker und ich uns in einer Telefonkonferenz für die Aufnahme der Aktie in unser Depot ausgesprochen, da unserer Meinung nach die Vorteile der Firma diesen Nachteil überwiegen.
Dann auch einmal einen Glückwunsch an unseren Spürhund Albrecht. Der Wert war mir zugegebenermaßen bis dato unbekannt. Natürlich gefällt auch mir der stabile Chartverlauf, trotzdem hängt dieser quasi an den eigenen Rückkäufen. Daher gilt es die Aktivitäten hier weiter zu beobachten. Mit steigenden US Zinsen, akann auch der Schuldendienst belasten und sofern der Cash Flow mal rückläufig ist, werden die Investoren hier auch einmal Kasse machen. Bis dahin, bin aber auch ich für eine Erstinvestition. Im Gegensatz zu den angesprochenen Krditkartenfirmen sehe ich Fiserv Inc. viel breiter aufgestellt. Bei den Kreditkartenfirmen beeindrucken (negativ) mich aktuell vor allem die 18%igen Wachstumsraten beim Kreditkartenbetrug.