Greiffbar – Investments zum Anfassen
2. August 2019 - Volker Schilling in Gastbeitrag | 5 Kommentare
Welche Themen waren diese Woche am Finanzmarkt relevant?
- Konjunktur in Europa geht die Luft aus
- Aus der Luft gegriffen: Trump vs. Powell
- Er hat am meisten Luft, und dort sorgt man für reine Luft.
Atemnot in Europa
Die Signale in Europa sind unzweifelhaft klar: Der IFO Index zeigt eine deutliche Konjunkturabschwächung, der Industrial Confidence Index in der Eurozone sinkt auf die tiefsten Levels seit 2013 und die annualisierte Veränderung des Bruttosozialproduktwachstums der Eurozone zeigt ein sich abschwächendes Wachstum. Das R-Wort (Rezession) geht schon wieder um. Mit anderen Worten: Der Konjunktur in Europa geht die Luft aus. Gleichzeitig steigt damit die Wahrscheinlichkeit für weitere konjunkturförderlicher Maßnahmen der europäischen Notenbank. Dieser Mix führt dazu, dass wir aktuell eine überwiegend pessimistische Einstellung der Marktteilnehmer sehen, die weiterhin Zurückhaltung zeigen. Aber ich bleibe dabei: Das ist die Ruhe vor weiter steigenden Kursen. Je stärker der Markt jetzt in die Knie geht, desto höher wird der darauffolgende Sprung, wenn die Notenbänker wieder Luft nachpumpen. Mag der ein oder andere dies auch für heiße Luft halten, so sei ihm gesagt, dass heiße Luft erst einmal steigt! Apropos steigen: Die Sparkasse Nürnberg steigt aus: 20.000 Sparverträge wurden wegen „zu hoher Zinsen“ gekündigt, weil auch der Sparkasse die Luft ausgeht. Wer auf den Zinsmarkt vertraut, der staunt jetzt atemlos.
Luftnummer
Trump wäre nicht Trump, wenn er nach der Entscheidung der US Notenbank die Zinsen erstmalig seit 10 Jahren wieder zu senken, nicht sofort Notenbank Chef Powell kritisiert. Kritik daran, dass 0,25% Senkung zu wenig seien und er (Notenbankchef Jerome Powell) den Beginn eines Zinssenkungszyklus deutlich hätte benennen müssen. Ja, aus Sicht des Präsidenten, wäre dies eine gute Wahlkampfhilfe, denn wie kein anderer Präsident vor ihm, misst Donald Trump sich auch am Erfolg der Börsenentwicklung. Während wir allerdings in Europa Signale der Abschwächung sehen, brummt die Wirtschaft in den USA nach wie vor. Der Schritt der Notenbank daher ein ausreichendes Signal, aber kein übertriebener Schnellschuss. Trotzdem würde Trump den Notenbankchef am liebsten an die frische Luft setzen. Trumps Kritik ist aber selbst eine Luftnummer, die auch die Börse nicht beeindrucken wird. US Aktien zeigen uns weiterhin, welche Nation in Sachen Wirtschaft den Ton angibt. Und selbst wenn der Konjunkturwind etwas rauer weht, bekommen die US Börsen noch keine Schlagseite. Allerdings, die Luft für weitere Anstiege wird dünner.
Wer hatte am meisten Luft
Ganz klar ein Kolumbianer. Egan Bernal gewinnt die Tour de France als erster Südamerikaner. Auswirkung auf die kolumbianische Börse: Null! Aber noch viel beeindruckender sind die Äthiopier: 353 Millionen Bäume wurden neu gepflanzt. Im Zuge der Initiative “Green Legacy” seien allein bei einer landesweiten Aktion am Montag dieser Woche innerhalb von 12 Stunden 353 Millionen Bäume gepflanzt worden. Rund 23 Millionen Menschen haben sich daran beteiligt. In jeder Gegend des Landes am Horn von Afrika wurden demnach Bäume gepflanzt. Das sorgt für reine Luft. Das nenne ich mal ein beeindruckendes Engagement.
Ihr Volker Schilling
„Trumps Kritik ist aber selbst eine Luftnummer, die auch die Börse nicht beeindrucken wird.“
Der exportabhängige DAX ist sehr wohl beeindruckt, Herr Schilling.
Und wenn die Chinesen ihre Waren nicht mehr in den USA absetzen können, weil aus 10% Zöllen 25% oder noch mehr werden, gehen hier die Lichter endgültig aus.
In den USA bleiben die Lichter an, da Trump eine US-wirtschaftsfreundliche Politik betreibt, die die Interessen der eigenen Landsleute vertritt.
Was bringt eigentlich das ganze Trump-Bashing? Das erinnert an ein heulendes Kleinkind was sein Zimmer nicht aufräumen möchte oder die Hausaufgaben nicht macht.
Bäume pflanzen: finde ich ebenfalls gut. In Russland brennen riesige Flächen Wald, die CO2-Speicher schrumpfen. Warum bietet die EU keine Hilfe beim Löschen der großflächigen Brände an?
Zitat
„Was bringt eigentlich das ganze Trump-Bashing? Das erinnert an ein heulendes Kleinkind was sein Zimmer nicht aufräumen möchte oder die Hausaufgaben nicht macht.“
Verstehe mich bitte keiner falsch, Trump ist sicher nicht Hitler. Aber genau diesen Satz hätte man 1937 auch zu Hitler schreiben können. Nur mal so erwähnt.
Das sollte auch auf eine Gefahr hinweisen. Es ist zur Zeit nur Protest. Aber es kann komplett entgleisen. Nun ja, sofern auf der anderen Seite keine Bismark steht… und nun ja, da steht keiner. Die nächsten 10 Jahre werden politisch mehr Veränderungen bringen als die Jahre seit dem 2ten Weltkrieg. Ich denke z.B. dass die SPD verschwinden wird. Der Populismus wird sich ausweiten. Wir werden irgendwie nationaler mit Hass auf andere. Nicht auf die Reichen, sondern auf die Fremden. Wir werden nicht sauer, weil immer mehr im Mindestlohn Sektor arbeiten, sondern weil wir dort Konkurrenz bekommen. Wir werden es auch dann weiter Fachkräftemangel nennen, weil wir es schon tun. Und wir werden verzweifelt nach Journalisten suchen, die nicht von Werbung bezahlt werden. Ich hoffe, sie können durchhalten, Hr. Brichta. Und auch Herr Meyer.
Eine kleine Anekdote aus dem Kostolany-Buch „Die Kunst, über Geld nachzudenken“: Zu Beginn des zweiten Weltkrieges hat sich Deutschland Polen einverleibt, während es mit Frankreich noch keine nennenswerte Kampfhandlungen gab. In Paris sind die Börsen 1938/40 zunächst weiter gestiegen, da die meisten damit gerechnet haben, dass sich Frankreich mit Deutschland einigen wird.
Es kam dann bekanntlich anders.
1) Die US-Zölle brauchen eine Weile bis sie RICHTIG wirken (bei den Exportnationen wohlgemerkt)…
2) Fundamentaldaten schlagen irgendwann IMMER auf die Wirtschaft durch (auch wenn die Massenmedien die Wirtschaftskrise und Massenentlassungen ignorieren bzw beschwichtigen, was als Kontraindikator dient)
– DAX: 11.686 (der Sommer ist noch nicht vorbei)
– Gold: 1.457 USD (Widerstand bei ca. 1.440 USD genommen; Spiegel-Artikel vom 26.07.2019: „Anleger unterschätzen Risiken beim Goldkauf“, wunderschöner medialer Kontraindikator)
and the winner is: Russia
https://www.n-tv.de/politik/politik_person_der_woche/Wladimir-Putin-im-Goldrausch-article21189075.html
„Putin verkündet stolz: „Zum ersten Mal in unserer Geschichte decken unsere Reserven die gesamte Auslandsverschuldung, sowohl staatliche als auch private, ab“
Die Russen, das Land der Schachweltmeister, wissen was sie tun. Beim Schach spielen kommt es darauf an, mindestens einen Zug weiter denken zu können wie sein Gegner.
Zum Thema Geldwährung und Schulden muss ich selbstverständlich nichts hinzufügen, darüber wird hier bestens berichtet.
Dann gehe doch mal mit Dollar und Euro in Russland einkaufen oder tausche vorher in Rubel und gehe dann einkaufen. Das werden zwei Welten sein.