Quartalsberichte und der Müll
29. April 2019 - Raimund Brichta in Allgemein | 22 Kommentare
Neuer Podcast: Wie sinnvoll sind Quartalsberichte und welche Aktien profitieren vom Trend zur Müllentsorgung?
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Durchwachsener Beitrag diesmal, aber mit einem Lichtblick…:-)
Kritik: Der Langzeitchart von Suez Environnement (WKN: A0Q418 ) ist alles ander als „Wahre Werte“-verdächtig, auch Veolia Environnement (WKN: 501451) ist nicht berauschend. Zudem zahlen beide Firmen offensichtlich einen Großteil ihrer Gewinne als Dividende aus, ungesund. Mit Abfallverwertung lässt sich keine hohe Marge erzielen. Wenn Sie schon die beiden Werte empfehlen, sollte auch ein kurzer Blick drauf geworfen werden.
Lichtblick: Interessant ist jedoch der Langzeitchart von Waste Management (WKN: 893579). Offensichtlich gehört auch Bill Gates zu den Großaktionären. Ein Kandidat für’s Wahre Werte Depot, Herr Brichta und Forumskollegen?
Quartalszahlen: iRobot ist nach den Quartalszahlen eingebrochen… Meinungen?
„Wenn Sie schon die beiden Werte empfehlen, sollte auch ein kurzer Blick drauf geworfen werden.“
Ich habe die Werte nicht empfohlen und deshalb auch keinen Blick drauf geworfen 😉 Gerne leite ich Ihren Kommentar aber an Jens Bernecker weiter.
Wenn Sie Waste Management fürs WWD vorschlagen wollen, dann rann an die Tasten!
Fakt ist, die Börse reagiert auf Quartalsberichte mit teils drastischen Bewegungen…und die Börse hat immer Recht. Mal sehen wie morgen der Kurs v. Alphabet reagiert. Ob die Bewegungen mittelfristig korregiert werden ist offen. Quartalsberichte unreflektiert zu ignorieren halte ich für falsch. Kommt immer auf den Einzelfall an.
Da Quartalsberichte in der Regel nur für kurzfristige Kursschwankungen ausgenutzt werden, kann sie jeder ignorieren, der langfristig investiert. Gerade Sie sind mir als Kaufen-und-Halten-Fan bekannt. Als solcher müssten Sie sogar Halbjahresberichte ignorieren.
Noch besser wäre es, wenn es gar keine Quartalsberichte gäbe. Das wäre die effektivste Art des Ignorierens 😉 Da man damit aber der Finanz- und der Finanzinformationsindustrie eines ihrer beliebtesten Spielzeuge zum Zocken nehmen würde (verbunden mit Einnahmeausfällen), wird es dazu nicht kommen.
Ich sehe Quartalsberichte als ein wichtiges Instrument im Sinne der TRANSPARENZ eines Unternehmens. Es bleibt jedem Investor selbst überlassen, ob oder wie er auf Quartalsberichte reagiert.
Interessant können die Ausblicke sein, die im Rahmen von Quartalsberichten veröffentlicht werden. Zukäufe, Verkäufe, Massenentlassungen (verkappt als Kostensparmaßnahmen), Abschreibungen auf Markenwerte (-> Kraft Heinz) haben sehr wohl Auswirkungen auf den Kurs.
Entscheidend ist jedoch der FAKTOR GELD (Kostolany). Wenn der Faktor GELD im Überfluss vorhanden ist, strömt Geld in die Aktienmärkte. Dann werden auch durchwachsene Quartalsergebnisse positiv interpretiert („Der Kurs hat Fantasie“) und es kommt zu steigenden Aktienkursen.
Wenn der Faktor GELD neutral oder negativ ist, führen auch gute Quartalsergebnisse zu fallenden Aktienkursen.
Wir haben nun eine Frühjahrsralley hinter uns. Spannend werden die kommenden Monate, auch der US-Wahlzyklus spielt mit rein. Die FED reduziert ja nach wie vor ihre Bilanzsumme bis Herbst. Lesenswert ist die Wellenreiter-Kolumne vom 27.04.2019.
All das liefern Halbjahres- und Jahresberichte auch. Im Zweifelsfalle sogar verlässlicher, da weniger hektisch.
„Ausblicke“👍
Tatsächlich halte ich die Kaufen- und Haltestrategie bei breiter Aufstellung für einen von mehreren zielführenden Wegen. Geduld gehört i.d.Z. zu meinen Anlagegrundsätzen. Der Wortsinn des Begriffs Grundsatz beinhaltet gleichwohl die Möglichkeit zur ausnahmsweisen bzw. phasenweichen Abweichung. Kommt eben immer darauf an….situationsbezogen…auch je nach Zeitfenster..Realzinsen im Vergleich zum Aktien-KGV usw. Also ich bleibe geduldig und flexibel. Quartalsberichte können Hinweise auf beginnende Mängel im Geschaeftsmodell offenbaren, z.B. technische Überalterung, bessere Konkurrenzprodukte etc. Schon klar, dass die tlws. starken Kurseinbrueche nach Quartalsberichte einen Charttechniker, der insbesondere stark auf langfristige Aufwärtstrends vertraut ziemlich stören. Freue mich, dass Sie immer schön rational bleiben.😉
„Hinweise auf beginnende Mängel im Geschäftsmodell“ können Halbjahres- und Jahresberichte genauso geben. Im Zweifelsfalle sogar verlässlicher, da weniger hektisch.
Jo, i.d.Z. möchte ich mal ausnahmsweise eine Lanze f. die Charttechnik brechen. Gelegentlich kann man beobachten, dass ein Wert schon vor Veröffentlichung eines Quartalsberichts abweichend v. Markt schwach tendiert…erkennbar am Chart…Hyporealestate, aber evtl. gab’s solche Fälle auch im WWD
@P. Czeck: „Gelegentlich kann man beobachten, dass ein Wert schon vor Veröffentlichung eines Quartalsberichts abweichend v. Markt schwach tendiert…erkennbar am Chart…“
Ja, sehr deutlich sogar; aktuelles Beispiel: Die miese Performance von Kraft Heinz über Monate hinweg. Die nachgelieferte Antwort (Abschreibungen etc.) kam dann mit dem Quartalsbericht…wo es dann bereits zu spät war.
@Aries Eeberg: Bzgl den Müllaktuen liegen wir komplett auf einer Wellenlinie – unabhängig voneinander habe ich Waste Management als Depotvorschlag eingereicht. Toller Beitrag von Ihnen!
„Prinzipiell habe ich bei diesen Werten das Problem, dass in der normalen Presseberichterstattung bei uns und auch bei den Amerikanern, die ich lese, überhaupt keine Nachrichten über diese Ver/Ent-Sorger kommen. “
Sehe ich prinzipiell genauso. Allerdings findet man Nachrichten wenn man sucht (bspw. sind Zukäufe geplant was ein sehr gutes Zeichen ist). Unterstichen wird die Richtung vom aussagekräftigen Chart, hier im positiven Sinne (im Gegensatz zu Kraft Heinz). Ich bin auf die Diskussion im Depotvorschlag-Thread gespannt.
…und hoffe ebenfalls noch auf ein Statement von Herrn Bernecker zu den drei Müllaktien.
Kraft Heinz ist ein gutes Beispiel für die Fragwürdigkeit von Quartalsberichten. Die Aktie war schon vor über einem Jahr in den Keller gerauscht, so dass wir im April 2018 sogar schon mal vorübergehend zugeschlagen haben. In der Zwischenzeit gab es mehrere Quartalsberichte, die keinerlei Hinweise auf die tatsächlichen Probleme enthielten. Solche Berichte braucht man nicht.
Tja, heute hat es Texas Roadhouse erwischt. Im letzten Quartal wurden die Erwartungen noch geschlagen, jetzt kam die fette Keule. Anscheinend müssen nun auch die Amis ins Personal investieren.
Wohl so ein Fall, in dem die Aktie schon in der Zeit vor dem Quartalsbericht erkennbar schwach notierte. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt……
Vielen Dank für beide Hälften des Beitrages.
Über Müll-Aktien muss ich erst noch nachdenken.
Zu den Quartalsberichten: Die finde ich immer schön. Es ist wie mit den Karnevalszügen. Da fahren die Themenwagen und die Leute haben Spaß daran. Die Wagen enthalten immer ein Stückchen Wahrheit. Man muss sie nicht ernst nehmen, man kann sich daran ergötzen aber manchmal regen sie auch an, die Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. An der Börse ist eben 4x im Jahr Karneval.
Merkwürdigerweise nehmen doch manche Anleger diese Umzüge zum Anlass, ihre Investmententscheidungen zu justieren. Das haben Sie ganz toll dargestellt.
Ihr Vergleich mit den Karnevalszügen gefällt mir außerordentlich gut. Der Unterschied ist nur, dass die Quartalsberichte von allen – insbesondere von den Analysten und der Presse – ernst genommen und für unheimlich wichtig erachtet werden. Das liegt daran, dass beide Gruppen ein großes (finanzielles) Interesse daran haben. Je wichtiger die Berichte genommen werden, desto wichtiger müssen sowohl die Analysten genommen werden als auch diejenigen, die vom Nachrichtenfluss rund um die Berichte leben. Da hat sich eine Branche etabliert, die Hand in Hand arbeitet.
Besonders lachhaft wird es, wenn man sich die von Analysten und Unternehmen gelenkten und von der Presse verbreiteten „Erwartungen“ vor den Quartalszahlen ankuckt: Diese werden gerade in den USA meist so zurechtgezimmert, dass sie anschließend übertroffen werden. Ein Schelm, wer da an ein abgekartetes Spiel denkt 😉
Kurzum: Arbeiten wir gemeinsam daran, dass sich die karnevalistische Betrachtung weiter verbreitet. Alaaf und Helau!
Warum muss jede Gesellschaft auf das Ende des Rechnungsjahres eine (substanzielle, von den Analysten „geforderte“) Gewinnerhöhung ausweisen. Wäre es nicht ebenfalls richtig, ein ausgeglichenses Resultat auszuweisen, wenn die geschäftsmässig notwendigen Abschreibungen, Rückstellungen, Reservezuweisungen etc. ohne weiteres ausgeführt werden könnten? In andern Worten: Weshalb wird von den Investoren / Wirtschaft ein Null-Wachstum nicht toleriert? Zumindest ich finde auf diese Frage keine klare Antwort. Vielleicht liege ich mit meiner Frage nicht einmal grob richtig, sondern präzise falsch.
Freundliche Grüsse
Vollkommen richtig. Ich bin schon lange der Meinung, dass auch ein regelmäßig zufließender gleich hoher Gewinn vollkommen ausreicht, um erfolgreich zu wirtschaften. Aber unsere Gesellschaft ist so auf Wachstum fixiert, dass schon eine „Stagnation“ als schlecht gebrandmarkt wird.
Ich muss allerdings zugeben, dass auch ich an anderer Stelle von diesem Wachstumswahn befallen bin: Stetig steigende Aktienkurse bei unseren wahren Werten sehe ich mit Genugtuung. Stetig steigende Aktienkurse ohne stetig steigende Gewinne sind aber nur auf Kosten der Bewertung möglich. Ein ganz normaler Widerspruch also.
Eine gewisse Entlastung bringt hier die Geldentwertung: Solange Gewinn- und Aktienkurssteigerungen nur im Rahmen der Inflation bleiben, stellen sie ein Scheinwachstum dar. Dieses ist auch aus Nachhaltigkeitsaspekten vertretbar.
Quartalsberichte wird meines Wissens von der Börsenaufsicht
verlangt. Anleger und Analystengemeinde sollen sich ein Bild
vom Unternehmen machen können. Meistens kann auf die Quartalsberichte verzichten aber es gibt auch Quartalsberichte nach einen Vorstandswechsel die sehr sinn- voll sein können. Bsp: Kraft-Heinz hat ab Juli einen neuen CEO das heißt das der Quartalsbericht Anfang Oktober schlecht ausfallen wird. Der neue Vorstand wird alle Wertberichtigungen in diesen Quartal (Juli-September) durchführen. Es werden alle Altlasten seinem Vorgänger CEO in die Schuhe geschoben. Ab Oktober bei einer richtigen Strategie müsste Kraft das Tal der Tränen durchschritten haben.
Man muss nicht auf jedes Quartal schauen. Doch Freude käme auf, wenn Herr Brichta gelegentlich mit den Ersatzspielern spricht und berichtet, weshalb sie noch auf der Bank sitzen, und den aufgestellten Protagonisten erklärt, ob ihr Stammplatz (derzeit) sicher ist.
Das Trainerteam spricht grundsätzlich mit allen, auch mit den Ersatzspielern. Momentan haben wir aber eine Anzahl an Feld-Spielern erreicht, die uns dazu tendieren lässt, neue Spieler nur dann aufs Feld zu schicken, wenn dafür ein Feldspieler zurück auf die Ersatzbank wechselt. Dieser Umstand erschwert den Einsatz der Ersatzspieler.
Zu den Entsorgern:
Prinzipiell habe ich bei diesen Werten das Problem, dass in der normalen Presseberichterstattung bei uns und auch bei den Amerikanern, die ich lese, überhaupt keine Nachrichten über diese Ver/Ent-Sorger kommen. Das kann auch positiv sein, insofern diese Werte dann nicht dem üblichen Auf und Ab an der Börse folgen müssen, zumal sie ja über regelmäßige konjunkturunabhängige Einnahmen verfügen. Also habe ich den Chartverlauf auf Korrelation zum Gesamtmarkt untersucht.
Suez folgt dem EuroSTOXX und schneidet auch da schlecht ab. Daran kann ich gar nichts Attraktives entdecken.
Veolia folgt dem MSCI-World. Rechnet man die hohe Dividende dazu, ist Veolia vielleicht sogar besser. 2015/16 hat der Wert nicht nachgegeben, was positiv ist. Dafür gab es später einen Durchhänger. Insofern eignet sich Veolia für eine Rebalancierungs-Strategie.
Wirklich aufregend ist Waste Management. Forscht man längerfristig im Chartvergleich, gibt es auch hier eine ziemliche Korrelation zum MSCI-World.
Insgesamt wäre nur Waste Management für mich einen zweiten Blick wert. Wenn ich den Wert besäße, hätte ich allerdings Angst, dass ich wichtige Informationen verpasse und plötzlich nur noch zusehen kann, wie diese Aktie in den Keller rauscht.
Käme dann von Herrn Bernecker und seinem Informationsdienst eine rechtzeitige Warnung?