Der DAX wird teurer
6. September 2021 - Raimund Brichta in Allgemein | 3 Kommentare
Am übernächsten Wochenende wird unser Leitindex auf einem Schlag teurer. Was steckt dahinter? Das zeigt ein Blick unter die Motorhaube:
An der Börse werden die Aktienkurse ins  Verhältnis gesetzt zu den Gewinnen, die die Unternehmen erzielen. Wenn ein Unternehmen mehr Gewinn pro Aktie macht als ein anderes, können seine Aktien mehr kosten, ohne dass sie damit teurer wären. Schließlich bekommt man einen höheren Gegenwert dafür.
Gemessen wird das am Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Dieses setzt den Börsenkurs ins Verhältnis zum Jahresgewinn, den das betreffende Unternehmen erzielt. Grob gesagt: Je höher das KGV, desto teurer ist eine Aktie, je niedriger, desto preiswerter ist sie.
Nun wird der DAX am übernächsten Wochenende von 30 auf 40 Werte aufgestockt, er bekommt also 10 neue Mitglieder. Am DAX-Stand ändert sich dadurch nichts, denn dieser wird entsprechend angepasst. Aber unter der Motorhaube ändert sich etwas:
Die 10 Aufsteiger sind nämlich viel höher bewertet als die bisherigen DAX-Mitglieder. Nach meiner Schätzung müsste das KGV für den gesamten Index über das Wochenende um gut 3 Punkte zulegen, nämlich von 16 auf 19. (Wie ich darauf komme, lest ihr am Ende des Beitrags.) Der DAX wird damit wieder etwa so hoch bewertet sein wie am Anfang dieses Jahres. Seither ist er zwar in Punkten deutlich gestiegen, aber die Gewinne der DAX-Unternehmen sind gleichzeitig noch stärker in die Höhe gegangen. Deshalb ist der Index trotz dieser Kursgewinne preiswerter geworden. Dieser Bewertungsvorteil wird durch die neuen Mitglieder wieder zunichte gemacht.
Das muss nicht zwangsläufig von Nachteil sein. Denn zum einen rechne ich ohnehin damit, dass die Marktbewertungen in den kommenden Jahren tendenziell zunehmen werden. Sie werden im Lauf der Zeit vermutlich weit über den KGV-Wert von 20 hinaus steigen. Zum anderen stammen einige der neuen Mitglieder aus stark wachsenden Branchen, die in den Augen der Experten prinzipiell höhere Bewertungen verdient haben. Darüber hinaus wird der DAX künftig breiter, deutlich jünger und frischer aufgestellt sein. Dynamik und Frische haben eben ihren Preis.
Andererseits dürften einige der Aufsteiger einen Teil ihrer jüngsten Kursgewinne (und damit ihrer hohen Bewertung) lediglich der Tatsache verdanken, dass sie als Aufstiegskandidaten in den vergangenen Monaten von Anlegern bevorzugt wurden. Zumindest dieser spekulative Teil ihrer Bewertung wäre damit weniger nachhaltig. Aber auch dies ist kein Grund, um den DAX künftig zu meiden.
Fazit: Der DAX wird teurer, dies ist jedoch nicht dramatisch. Trotzdem sollte man auf die höhere Bewertung vorbereitet sein, um von ihr nicht überrascht zu werden.
P.S. Für diejenigen unter euch, die meine obige Schätzung nachvollziehen wollen, hier noch die Details:
Nach Berechnungen der LBBW haben die 10 DAX-Neulinge derzeit ein durchschnittliches KGV von 35. Das KGV des alten DAX veranschlagt die LBBW mit 16. Gleichzeitig haben die neuen Werte laut LBBW etwa 17% Gewicht im neuen DAX, Wenn also 17% des neuen DAX ein KGV von 35 aufweisen und 83% ein KGV von 16, ergibt sich  daraus ein DAX-KGV von 19,23.
Ich hoffe, dass ich mich nicht verrechnet habe und ihr mir soweit folgen könnt 😉
Viele der DAX-Neulinge werden vermutlich erst einmal Ferdern lassen, was auch den beschriebenen KGV-Effekt mindern dürfte. Siehe hierzu einen Artikel aus der Süddeutschen Zeitung (bereits vom November letzten Jahres): „Wieso die Dax-Aufsteiger verlieren“. Link: https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/dax-unternehmen-neu-1.5123673
Schaut fast so aus das wir bald einen herbstzeitlichen Durchhänger beim Dax bekommen werden.Die ein oder andere
grosse Adresse wird dieses Argument wohl als Begründung für Gewinnmitnahmen vorschieben.
Wenn nichts mehr Aussergewöhnliches passiert, rechne ich eher mit einem gemütlichen bis leicht positiven Verlauf. Das Risiko f. einen Rücksetzer sehe ich bei max. 5%… spätestens dann setzen Käufe ein. Schwere Zeit f. Bären.