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Die „Wahrheit über Geld“ bricht sich Bahn

29. Juli 2019 - Raimund Brichta in Allgemein | 26 Kommentare

Die Erkenntnisse aus unserem Buch „Die Wahrheit über Geld“ setzen sich allmählich auch in der Finanzbranche durch. Zwar erst ganz, ganz langsam, aber immerhin ist damit ein Anfang gemacht. Erwartungsgemäß sind Finanzleute ohnehin die ersten, die davon Wind bekommen. Zumindest sie beginnen also, die Hintergründe zu verstehen.

Bis sich die Erkenntnisse danach auch im Mainstream verbreiten, wird es noch Jahre dauern – wenn es überhaupt so weit kommt.

Aktuell gibt es zwei Beispiele für zwei unserer Erkenntnisse, die sich langsam Bahn brechen:

1.

Das erste ist die Einsicht, dass nicht die Notenbanken oder die Digitalisierung oder die Bevölkerungsentwicklung oder sonstige Verdächtige Hauptursachen für die mickrigen und teilweise sogar negativen Zinsen sind, sondern es sind die immer größer werdenden Geldvermögen. Also im Prinzip wir alle, die sparen.

Die Analysten des Schweizer Bankhauses Julius Bär schreiben dazu jetzt in einer Studie: „Negativzinsen sind die Folge von zu hohen Ersparnissen bei Staaten und Unternehmen in der Eurozone“. Bravo! Zumindest stimmt die Richtung der Erkenntnis. Denn „zu hoch“ sind die Ersparnisse keineswegs. Nach vielen Jahrzehnten ohne größere monetäre Krisen, in denen Geldvermögen ansonsten in großem Stil vernichtet worden wären, haben die Ersparnisse lediglich ihren erwartbaren Umfang erreicht. Deshalb beschränkt sich das Phänomen niedriger Zinsen auch nicht auf die Eurozone, wie man beim Lesen der Julius-Bär-Analyse vermuten könnte, sondern es erstreckt sich auf alle Industrieländer, die sich in einem ähnlichen Entwicklungsstadium befinden wie wir.

Japan zum Beispiel hat dieses Stadium sogar schon früher erreicht als die Eurozone. Selbst die USA sind bereits angekommen, auch wenn die Zinsen dort aufgrund verschiedener Sondereinflüsse zurzeit etwas höher sind als bei uns.

Die von den Julius-Bär-Analysten und anderen empfohlen „Rezepte“ – etwa eine steigende Staatsverschuldung zur Ankurbelung der Wirtschaft – werden deshalb an der Grunderscheinung niedriger Zinsen nichts ändern.

Die Zinsen bleiben vielmehr so lange niedrig, bis sich ein Systemcrash abzeichnet.

2.

Und damit wären wir bei einer zweiten Erkenntnis aus dem Buch, die jetzt in der Börsen-Zeitung aufgegriffen wurde: Entgegen eines weit verbreiteten Glaubens, dass die Notenbanken bei Zinsen um null ihr Pulver weitgehend verschossen hätten, verfügen diese im Gegenteil noch über ausreichend Munition, um den Systemcrash weiter in die Zukunft zu verschieben.

Die Börsen-Zeitung beschreibt einen ganzen Köcher voller Pfeile, die die EZB noch verschießen kann (und vermutlich auch wird). Zum Beispiel:

– Ausweitung der Anleihekaufprogramme auf noch mehr Unternehmensanleihen und auf Bankanleihen.

– Käufe von Aktien und Aktienfonds (ETFs). Das wird in Japan schon praktiziert.

– Damit verbunden wäre eine weitere Aufblähung ihrer Bilanz. (Die 10-Billionen-Euro-Grenze wird m. E. im nächsten Jahrzehnt erreicht und überschritten).

– Am Ende der Aufzählung der Börsenzeitung steht das Helikoptergeld. Bildlich gesprochen würden dann Hubschrauber der EZB aufsteigen und es überall im Land Banknoten regnen lassen. Praktisch bedarf es dafür aber nur der Bedienung einiger Knöpfe, die das Geld auf die Bankkonten der Bürger buchen. Vielleicht gibt es bis dahin sogar schon das Zentralbankbuchgeld für alle. Das heißt, vielleicht hat dann jeder schon ein Konto bei der EZB.

Mit dem Helikoptergeld beendet die Börsen-Zeitung ihren Blick in die Zukunft. Was danach kommt, beschreiben die Kollegen nicht.

Aber ich tu‘s: Danach kommt die Pleite der Notenbanken und der Systemcrash, Währungsreform, Neuanfang. Wer von uns das noch erleben wird, weiß allerdings auch ich nicht.

26 Kommentare

  1. zu 1.: Andererseits werden doch die Kredite und damit neues Vermögen (und Schulden) beim Giralgeld aus dem „nichts“ erzeugt. Warum ist dann die Höhe der vorhandenen Einlagen (also das Geldangebot) entscheidend? Fließt dies nicht in Anlageformen wie Aktien oder Immobilien und sorgt dort für inflationäre Preise?

    • Gute Frage mit einer hoffentlich guten Antwort: Das durch neue Kreditvergabe in der Privatwirtschaft erzeugte Geldvermögen spielt für die Geldanlage zunächst einmal keine Rolle, da es in der Regel für den Kreditzweck wieder ausgegeben wird (z. B. Konsum, Investition). Es bleibt also im Geldkreislauf. Erst wenn Teile davon im Zuge des Geldumlaufs bei jenen landen, die es nicht wieder ausgeben, sondern anlegen wollen, wird es auch für die Geldanlage relevant. Hier beginnt also die Wirkung. Ein Teil davon soll dann als Geldvermögen (also als Forderung) gehalten werden. Nur soweit es in Aktien oder Immobilien gesteckt wird, gilt dies noch nicht. In diesem Fall bleibt das Geld im Umlauf, denn es geht dann an die Verkäufer der Immobilien oder Aktien. Dann müssen diese es aber wieder anlegen, sofern sie es nicht ausgeben wollen. Dies geht immer so weiter, und im Lauf der Zeit bleibt damit immer mehr Geld bei jenen hängen, die Geld- und nicht Sachvermögen horten wollen.

  2. Hallo Herr Brichta, wenn ich Ihren letzten Satz lese
    könnte einem ja Angst und Bange werden. Doch leider weit
    gefehlt ich besitze schon seit Jahren die gleiche Auffassung wie Sie. Die Frage die ich mir Stelle: Sollten die Notenbanken nicht die Zinsen anheben und eine Rezession in Kauf nehmen. Unrentable Geschätszweige wurden in Konkurs gehen und die Inovationskraft (Forschung) wurde mehr investiert werden. Durch das ständige Gelddrucken wird uns doch immer mehr ein Reichtum vorgegauckelt. Der Satz Deutschland sei ein reiches Land sollte die Studie von
    Prof. Raffelhüschen von der Uni Freiburg lesen. Die Finanzparty läuft und wir wissen weder den Tag noch die Stunde wann die Party zu Ende ist. Die große Frage wie läuft der Systemcrash ab. Friedlich oder mit Unruhen.

    • Diese Diskussion hat eine lange Tradition, ich möchte mich aber nicht an ihr beteiligen. Denn was Notenbanken nach Meinung schlauer Experten tun SOLLTEN, ist für mich nicht interessant. Mich interessiert nur, was sie voraussichtlich tun WERDEN. Und da bin ich mir sicher, dass sie dies, was Sie vorschlagen, NICHT tun werden.

  3. „Aber ich tu‘s: Danach kommt die Pleite der Notenbanken und der Systemcrash, Währungsreform, Neuanfang. Wer von uns das noch erleben wird, weiß allerdings auch ich nicht.“

    Sie sprechen von der „Pleite der Notenbanken“ – Plural (!). Das würde ja bedeuten, dass alle Notenbanken der Welt befreundet sind und es nur eine Geldwährung gäbe. De facto haben wir einen globalen Wirtschaftskrieg jeder gegen jeden.

    Was, wenn bspw. die chinesische oder russische Notenbank solide da steht? Gerade Russland hat eine sehr niedrige Verschuldung und hübsche Gold- und Devisenreserven.

    Interessant ist auch, dass die westlichen Notenbanken das Goldabkommen nicht mehr verlängern.

    • Da habe ich mich vielleicht nicht präzise genug ausgedrückt: Da ich vorher von den etablierten Industrieländern sprach, meinte ich am Ende natürlich auch nur die Notenbanken dieser Länder. Inwieweit sie alle gleichzeitig in die Bredouille geraten, oder ob sich einige von ihnen noch aus der Schlinge ziehen können, kann ich im Vorhinein nicht sagen. Auch hier gilt es abzuwarten. Es wird ja ohnehin noch lange dauern, bis es soweit ist.

    • Ich persönlich rechne damit, dass China und Russland gemeinsam einen neuen Währungsverbund und insbesondere ein eigenes Zahlungssystem aufbauen. Die wachsenden Goldreserven dort können ihrem neuen Währungssystem mehr Ãœberzeugungskraft geben.
      Sie werden das Ziel verfolgen, vom amerikanischen Zahlungssystem unabhängig zu werden und weniger erpressbar zu sein.
      Europa zum Beispiel wird dann beide Systeme nutzen können und dadurch auch mehr Unabhängigkeit von den USA gewinnen.

      Ich gehe davon aus, dass ich das noch erleben werde und bin im Prinzip auch so investiert, dass ich USA und China mit ihren jeweiligen Satelliten gleich gewichte.

      Was diese Entwicklung für Auswirkungen haben wird, darauf bin ich gespannt. Es muss aber nicht negativ sein, was da passiert. Wettbewerb belebt ja bekanntlich das Geschäft.

  4. Lieber Raimund,

    dann will ich heute mal als erster kommentieren: Beide deiner Argumente sind vollkommen richtig und ja, man spricht immer mehr darüber in der Finanzpresse.

    Was das „Waffenarsenal“ der Notenbanken angeht kann ich aber noch etwas hinzufügen: Ich glaube nämlich eben nicht, dass am Ende der Pfeile im Köcher, der Bogen bricht, sondern dass man neue Kreativität walten läßt: Wie wäre es denn mit folgendem Gedankenexperiment:

    Die Notenbanken fangen an (ähnlich wie Japan das schon weit fortgeschritten tut) alle Staatsschulden des Landes aufzukaufen. Stellen wir uns mal hypothetisch vor, die Notenbank ist irgendwann der einzige Gläubiger des Staates.

    Jetzt beschließt der Staat, seine Zinsen und Schulden nicht mehr zu bezahlen. De facto ist die Notenbank damit Pleite, aber die Realität könnte heißen: „negatives Eigenkapital“! Dieser Begriff wird tatsächlich schon verwendet. Die Notenbank (getragen durch den Staat oder Privatinstitute) könnte weiter bilanzieren und damit überleben. Der Staat wäre schuldenfrei und außer der Notenbak gäbe es keinen Geschädigten.

    Wenn es keine anderen Geschädigten gibt, gibt es womöglich auch keinen Grund für diese „Anderen“ das Vertrauen in die Währung zu verlieren. Im Gegenteil, der Staat ist schuldenfrei, genießt damit also wieder beste Bonität. Gleichzeitig wären Gelder, die nicht mehr für Zins und Tilgung ausgegeben werden müssen frei, um neue (Infrastruktur)projekte anzustoßen. Anleger wären bereit für entsprechende Zinsen/Bonität, weiteres Geld zur Verfügung zu stellen. Perpetuum mobile?

    Vielleicht geht es hinter Horizont doch weiter als gedacht? Bin auf eine rege Diskussion dazu gespannt.

    LG Volker

    • Das ist ein schönes Märchen, an das einige Finanzleute wie Du glauben mögen. Dann glaubst Du vermutlich auch daran, dass sich Baron von Münchhausen an den eigenen Haaren aus dem Sumpf gezogen hat 😉

      Du schreibst, es gäbe in Deinem Beispiel keinen anderen Geschädigten außer der Notenbank. Falsch: Es gibt sogar viele andere Geschädigte. Nämlich all diejenigen, die ihre Staatsanleihen an die Notenbank verkauft haben in dem Vertrauen darauf, dass sie dafür Notenbankgeld bekommen, das durch entsprechende Vermögenswerte (Forderungen) auf der Aktivseite der Notenbank gedeckt ist. Sind diese Vermögenswerte futsch, wird dieses Vertrauen enttäuscht.

      Das Geld, das mit den Staatsanleihekäufen geschaffen wurde, bleibt also in unveränderter Höhe bestehen, der „Wert“, der ursprünglich dahinter stand, nämlich die Forderungen an den Staat, sind aber weg.

      Das ist besonders misslich im Verhältnis zu allen Ausländern, die die Staatsanleihen gekauft und damit Forderungen an die Notenbank erworben haben. Wenn diese ihre Forderungen einlösen und in ihre Heimatländer transferieren wollen, braucht die Notenbank tatsächliche Vermögenswerte, um dies zu bewerkstelligen. Kann sie diese nicht bereitstellen, was in diesem Fall wahrscheinlich ist, ist sie pleite.

      Im eigenen Währungsraum dagegen, also innerhalb ihrer eigenen Bilanz, kann die Notenbank mit dem von Dir zitierten „negativen Eigenkapital“ durchaus noch eine Weile weiterwurschteln. Denn selbst in diesem Fall könnte sie auf der rechten Seite ihrer Bilanz weiterhin munter alle Beträge zwischen den Konten der Geschäftsbanken hin- und herbuchen. Eigene Vermögenswerte von der linken Seite muss sie dafür ja nicht einsetzen. Es würde also erst einmal gar nicht stören, wenn große Teile ihres Vermögens wegfielen.

      Genauso könnten die Geldscheine in der Bevölkerung weiterhin als Zahlungsmittel verwendet werden, als ob nichts geschehen wäre. Oder hat Dein Metzger Dich etwa schon einmal danach gefragt, ob der Schein, mit dem Du gerade Würste bezahlst, in der Zentralbankbilanz auch durch Vermögen gedeckt ist? Hat er nicht, weil es ihn gar nicht interessiert. Für ihn ist nur wichtig, dass er abends an der Tankstelle Benzin dafür erhält oder am nächsten Morgen Brötchen beim Bäcker. Und auch Tankwart oder Bäcker kämen niemals auf die Idee, ihre Kunden nach der Zentralbankbilanz zu fragen. Was „negatives Eigenkapital“ ist, verstehen sie ohnehin nicht.

      Im Prinzip bräuchte eine Notenbank überhaupt keine Bilanz aufstellen. Da man sich aber nun einmal für eine Bilanzierung entschieden hat, ist es nun eine Frage der Glaubwürdigkeit, sie so umzusetzen, wie man es von jeder Geschäftsbank oder jedem anderen Unternehmen erwartet. Denn welchen Eindruck würde es wohl machen, wenn ausgerechnet die Notenbank ihre Bilanz nicht in Ordnung hielte?

      Ich freue mich schon auf die Schlagzeile: „Die EZB hat weniger Eigenkapital als die Deutsche Bank“

      Je mehr sich in einer solchen Situation herumspricht, dass dem Geld keine verlässlichen Vermögenswerte mehr gegenüberstehen, desto mehr verlieren auch die inländischen Bürger das Vertrauen. Dazu kämen die Meldungen, dass es mit der Schuldenbegleichung gegenüber dem Ausland hapert (sie oben). Irgendwann überlegen sich selbst Metzger, Bäcker oder Tankwarte, ob sie das Geld noch ohne Weiteres akzeptieren sollten. Eine Zentralbankbilanz lesen können sie dann zwar immer noch nicht, aber das Hörensagen reicht schon aus, um misstrauisch zu werden.

      Vor der Währungsreform 1948 zum Beispiel ist genau dies passiert: Man konnte viele Waren in den Geschäften nicht bekommen, obwohl sie durchaus vorhanden waren. Kaum jemand war jedoch bereit, sie für Geldscheine herzugeben, die den Ruf hatten, nur noch Papierfetzen zu sein. Was man hatte, verkaufte man lieber unter dem Ladentisch im Tausch gegen andere Waren oder gegen Edelmetall. Als nach der Währungsreform wieder vertrauenswürdiges Geld in Umlauf kam, waren die Regale in den Läden plötzlich voll – und zwar vom einen auf den anderen Tag.

      In Zukunft könnte übrigens auch die ein oder andere Kryptowährung die damalige Zigaretten- und Goldfunktion übernehmen. Da ist ein Grund, warum die Notenbanken das Kryptogeld als Konkurrent fürchten.

      Auf jeden Fall ist ein solcher Verlust an Vertrauen in das von der Notenbank ausgegebene Geld im Prinzip ebenfalls nichts anderes als eine Pleite der Zentralbank, auch wenn man es offiziell nicht so nennt. Man nennt es stattdessen Währungsreform. Dabei wird jedoch das Gleiche gemacht wie bei einem Konkurs jedes x-beliebigen Unternehmens: Die Schulden auf der Passivseite der Bilanz (in diesem Fall das Geld) werden offiziell für wertlos erklärt.

      Das ist im Ãœbrigen der sauberste Weg um das Vertrauen in das (neue) Geld wieder herzustellen.

      Es gibt natürlich noch andere Möglichkeiten, etwa die komplette Umstellung von Schuldgeld, wie wir es zurzeit haben, auf Aktiva-Geld. Dies stünde dann nicht auf der Passivseite der Notenbankbilanz, sondern auf deren Aktivseite. Solche Vorschläge gibt es tatsächlich. Die Umstellung würde – sofern sie ohne Entwertung des derzeit umlaufenden Geldes vonstatten ginge – aber round about eine Verdoppelung der Geldbestände erfordern.

      Wie man es also dreht und wendet: An einer Währungsreform führt am Ende kein Weg vorbei.

      • Es geht mir nicht darum was ich glaube Raimund, es geht mir vielmehr um den Punkt, dass künftige „Währungsreformen“, „Pleiten“ oder „Neustrukturierungen“ anders ablaufen werden, als dass was man sofort als Bilder im Kopf hat wenn man an vergangene Reformen denkt.

        Ich bin wie du der Meinung, dass das Arsenal an Möglichkeiten bei den Notenbanken noch gewaltig ist und es fraglich bleibt, ob wir ein derartiges Ereignis selbst noch erleben werden. Aber abgesehen davon findet ein ausgesprochen breiter Feldversuch in unserem geldsystem statt, dessen Ende schwer abzuschätzen sein wird.

        Du schreibst selbst, dass mein Gedankenexperiment funktionieren kann, wenn das Vertrauen erhalten bleibt. Und ich behaupte das Vertrauen bleibt erhalten, weil es keinen unmittelbar Geschädigten gibt. Und wie du selbst so schön formulierst, interessiert sich der Bäcker und Metzger, also der Durchschnittbürger, leidlich wenig für die Zusammenhänge. Solange er also das Gefühl (nennen wir es Vertrauen) hat, mit seinem Geld in der Tasche auch weiterhin alle seine Waren und Dienstleistungen zu bekommen, dann wird er nichts verändern. Zugleich – und darauf bist du garnicht eingegangen – wird der Staat durch seinen neu gewonnenen Handlungsspielraum zusätzlich stimulierende Massnahmen ergreifen.

        Deiner Argumentation von „Ausländern, die die Staatsanleihen gekauft haben“ kann ich nicht folgen. In meinem Gedankenexperiment hält die Notenbank alle Anleihen. Weder Inländer noch Ausländer halten Anleihen und haben damit Forderungenh an die Notenbank, respektive den Staat. Wo keine Forderungen, da braucht es auch keine Vermögenswerte zur Deckung dieser.

        Und wie du selbst schreibst: Das negative EK kann dann sehr lange mitgeführt werden, ohne dass es zu einer offizielen Pleite kommen muss.

        Und jetzt setze ich noch einen drauf: Was wäre wenn (und auch hier braucht man nur nach Japan schauen)die Notenbank neben den gesamten Staatsanleihen auch anfängt den heimischen Aktienmarkt zu kaufen. Im Falle eines massiven Vertrauensverlustes und einem Crack up Boom an den Aktienmärkten (Flucht in Sachwerte), ließen sich womöglich die Abschreibungen bei den Anleihen mit Kursgewinnen auf der Aktienseite mildern/ausgleichen?

        • „Deiner Argumentation von „Ausländern, die die Staatsanleihen gekauft haben“ kann ich nicht folgen. In meinem Gedankenexperiment hält die Notenbank alle Anleihen. Weder Inländer noch Ausländer halten Anleihen und haben damit Forderungenh an die Notenbank, respektive den Staat. Wo keine Forderungen, da braucht es auch keine Vermögenswerte zur Deckung dieser.“

          Dann müssen wir etwas mehr in die Tiefe gehen, lieber Volker: Die Ausländer HATTEN Staatsanleihen. Mit den Verkäufen dieser Anleihen haben sie diese gegen Geld der inländischen Notenbank eingetauscht. Dies taten sie im Vertrauen auf die Notenbank und darauf, dass sie über genügend Vermögenswerte verfügt, die das Geld werthaltig machen.

          Dass dies eine Rolle spielt, sieht man übrigens schon jetzt: Zentralbank-Geld, dass Verkäufer von Staatsanleihen im Rahmen der letzten Anleihekaufprogramme bekommen haben, deponieren diese oft lieber bei der Deutschen Bundesbank als etwa bei der italienischen Notenbank. Dadurch kommt es zu den kräftigen Anstiegen der so genannten Target2-Salden der Bundesbank, über die immer wieder diskutiert wird. Diese Salden entsprechen im Prinzip zinslosen Überziehungskrediten, zum Beispiel der Banca d’Italia bei der Bundesbank.

          Warum tun die Profis das? Warum deponieren sie ihr Geld lieber bei der deutschen Notenbank als bei der italienischen? Vermutlich deshalb, weil sie mehr Vertrauen in die Bundesbank und ihre Bilanz haben als in die Banca d’Italia – obwohl beide gleichermaßen zur EZB gehören. Daran siehst Du, dass die Geldbestände NACH dem Verkauf der Staatsanleihen sehr wohl eine Bedeutung haben.

          Wenn also die Notenbankbilanz unsolide wird, indem sie eine Überschuldung anzeigt (nichts anderes bedeutet ein „negatives Eigenkapital“, Letzteres klingt nur harmloser), dann gibt es sehr wohl Geschädigte. Genau darauf wollte ich hinweisen.

          Wenn Du also schreibst, „Weder Inländer noch Ausländer halten Anleihen und haben damit Forderungen an die Notenbank, respektive den Staat“, dann stimmt das nicht. Sie HABEN Forderungen an die Notenbank. Denn ein Kontoguthaben bei der Notenbank ist genauso eine Forderung an die Notenbank, wie Dein Kontoguthaben bei Deiner Hausbank eine Forderung an diese Bank ist.

          Genauso, wie Du darauf vertraust, dass Du Deine Forderung an Deine Hausbank jederzeit ausüben und Geld auf ein Konto bei jeder anderen Bank überweisen kannst, tun dies diejenigen, die Notenbankguthaben haben: Sie vertrauen darauf, dass sie diese Guthaben jederzeit auch ins Ausland transferieren können. Und das ist nicht nur für Ausländer wichtig, sondern auch für Inländer. Denn auch diese können ein Interesse daran haben, ihre Forderungen ins Ausland zu transferieren. Freier Kapitalverkehr über die Grenzen hinweg ist schließlich auch ein wahrer Wert, oder?

          Du schreibst außerdem, dass künftige „Währungsreformen“, „Pleiten“ oder „Neustrukturierungen“ anders ablaufen werden als früher. Das ist durchaus möglich, aber an einem wichtigen Punkt wird kein Weg vorbei gehen: Bestände an Schulden und Geldvermögen müssen vernichtet werden. Dies ist ein wesentliches Merkmal all dieser Maßnahmen. Oder andersherum: Ohne beides haben solche Maßnahmen keinen Sinn. Und wenn Geldvermögen vernichtet wird, ist dies unweigerlich mit Schäden bzw. Nachteilen für dessen Besitzer verbunden. Wenn Du Dich morgens wäschst, musst Du auch in Kauf nehmen, dass du nass wirst. Das eine ist ohne das andere nicht zu haben.

          Du schreibst auch:
          “Und ich behaupte, das Vertrauen bleibt erhalten, weil es keinen unmittelbar Geschädigten gibt. Und wie du selbst so schön formulierst, interessiert sich der Bäcker und Metzger, also der Durchschnittbürger, leidlich wenig für die Zusammenhänge. Solange er also das Gefühl (nennen wir es Vertrauen) hat, mit seinem Geld in der Tasche auch weiterhin alle seine Waren und Dienstleistungen zu bekommen, dann wird er nichts verändern.“

          Dass es mit dem Ausbuchen der Staatsschulden aus der Notenbankbilanz Geschädigte gibt, habe ich oben bereits begründet. Bei solchen Geschädigten beginnt der Vertrauensschwund, der sich dann fortsetzt, bis er irgendwann auch Bäcker und Metzger erreicht. Dies kann länger dauern oder auch schnell gehen. Da lege ich mich nicht fest.

          Schon beim Bekanntwerden solcher Ausbuchungspläne dürften die ersten potentiell Geschädigten (das sind die große Player an den Finanzmärkten), damit beginnen, ihre Schäfchen ins Trockene zu bringen. Das heißt, sie werden diese Einlagen von der Notenbank abziehen. Das wird zu Verwerfungen an den Finanzmärkten führen. Denn irgendwo in der Welt wird es stets Alternativen geben – für die großen Player genauso wie für die kleinen Leute. Auch vor der Währungsreform 1948 gab es solche Alternativen (Zigaretten etc.).

          Weiter schreibst Du:
          „Zugleich – und darauf bist du garnicht eingegangen – wird der Staat durch seinen neu gewonnenen Handlungsspielraum zusätzlich stimulierende Massnahmen ergreifen.“

          Worin besteht Deiner Meinung nach der neue Handlungsspielraum? In Deinem Szenario hat der Staat dadurch, dass die Notenbank ihm die Schulden erlassen hat, doch gerade erst unter Beweis gestellt, dass er seine Schulden nicht zurückzahlen kann. Wer sollte da bereit sein, ihm frisches Geld zu leihen? Zumal seine eigene Notenbank gerade überschuldet und damit eigentlich pleite ist?

          Klar, der Staat könnte sich das Geld irgendwie von der Notenbank machen lassen. Aber wer würde sich von von diesem Geld, das von einer gerade überschuldeten Zentralbank stammt, noch „stimulieren“ lassen? Zumal in diesem Fall schon genügend altes Geld mit dem gleichen zweifelhaften Ruf in Umlauf wäre? Ähnliches haben die Ostblockstaaten zwischen 1945 und 1989 schon versucht, und sie sind damit kläglich gescheitert. Selbst in der DDR konnte man für Westmark vieles bekommen, was es für die Ostmark nicht gab – womit wir wieder bei den Alternativen wären, die es selbst in solchen totalitären Staaten gab. Im Klartext: Selbst mit äußerst harter staatlicher Repression lässt sich ein Geld nicht „verordnen“. Jedenfalls nicht so, dass ausgerechnet damit das von Dir skizzierte “Perpetuum mobile“ entstünde.

          Und zum Schluss schreibst Du:
          “Und jetzt setze ich noch einen drauf: Was wäre, wenn (und auch hier braucht man nur nach Japan schauen) die Notenbank neben den gesamten Staatsanleihen auch anfängt, den heimischen Aktienmarkt zu kaufen. Im Falle eines massiven Vertrauensverlustes und einem Crack up Boom an den Aktienmärkten (Flucht in Sachwerte), ließen sich womöglich die Abschreibungen bei den Anleihen mit Kursgewinnen auf der Aktienseite mildern/ausgleichen?“

          Das klingt nicht nur nach Perpetuum mobile, sondern auch widersprüchlich: Wenn es wegen eines Vertrauensverlustes in Geldwerte zu einer Flucht in Sachwerte käme, wäre das Kind schon in den Brunnen gefallen. Dann wäre das Vertrauen ins Geld bereits futsch. Und es könnte nicht dadurch wieder hergestellt werden, dass die Notenbank noch mehr Geld mit schuldenfinanzierten Aktienkäufen in Umlauf brächte und darüber hinaus noch darauf spekulierte, dass sie eventuell mit künftigen Kursgewinnen auf ihre schuldenfinanzierten Aktienkäufe sichere Kursverluste auf ihre ebenfalls schuldenfinanzierten Anleihekäufe kompensieren kann. Das wäre Spielcasino pur. Allerdings wäre die Notenbank in diesem Fall nicht die Spielbank.

          Zumal es nach einem von Dir skizzierten „Crack-up-Boom“ mit hoher Wahrscheinlichkeit auch tatsächlich zu einem Crack-up, also zu einem Zusammenbruch, kommen dürfte – sonst wär‘s vorher ja kein Crack-up-Boom. Und damit wären die vorher erzielten Kursgewinne wieder futsch.

          Die Aktien auf dem Höhepunkt verkaufen, geht auch nicht. Denn solche Verkäufe der Notenbank würden zu einer massiven Geldvernichtung führen und den Crack-up mit hoher Wahrscheinlichkeit sogar auslösen.

          Wie wir es auch drehen und wenden: Die Party wird vermutlich noch lange dauern, aber am Ende wird es höchstwahrscheinlich unangenehm für alle, die auf Geldwerten sitzen.

          Die frohe Botschaft für alle, die es erleben werden, ist aber: Nach dem Ende geht es mit einer bereinigten Währung weiter 🙂

  5. Je mehr darüber geschrieben wird, um so höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass einige von uns das Chaos noch zu Lebzeiten erleben 🙈🙉🙊. Das WWD wird uns schon schützen.Japan ist seit Jahren Vorreiter…schauen mehr mal..bis jetzt läufts doch. Don’t panic. Was ist eigentlich bei Rollins los? Führen die hohen KGVe vd. wahrer Werte dazu, dass diese bei Gewinnstagnation oder wenn die prognostizierten Gewinnreihen nicht eintreffen deutlich überdurchschnittlich verlieren? Letztere „Wahre Werte“ haben durchaus mit dem Thema zu tun. Durch die hohe Eigenkapitalquote schützen sie vor Turbulenzen, wenn es sich nicht nur um Firmenwerte handelt.

    • Ich gehe davon aus, dass bei Rollins genau jener saftige Rücksetzer erfolgt ist, den Sie ansprechen. Wir werden den Wert weiter beobachten und dann unsere Entscheidung treffen.

  6. Zitat „Dies geht immer so weiter, und im Lauf der Zeit bleibt damit immer mehr Geld bei jenen hängen, die Geld- und nicht Sachvermögen horten wollen.“

    Also in meiner Welt gehe ich davon aus, dass Sachvermögen das größte Problem ist. Wer solches hat, kann dieses vererben, keinen muss arbeiten und andere müssen deswegen richtig hart arbeiten. Den Hohenzollern wird es auch nach der nächsten Krise gut gehen. Im Kaufzentrum jeder besseren Stadt leben Menschen nur davon gut, dass sie eine Immobilie haben, die jemand haben möchte, um Sachen zu verkaufen. Die Menschen dort arbeiten für Mindestlohn. Der Besitzer arbeitet gar nicht und lebt gut. Die Immobilie hat er geerbt. Die Mieten in den Städten werden auch erst kaum bezahlbar, seitdem alles privatisiert wurde. Das ist anders als in Österreich. Wir haben in Deutschland weniger Obdachlose als freie Wohnungen. Das sollte einen nachdenken lassen. Trotzdem steigt die Zahl der Obdachlosen. Ich weiß, als Aktionär bin ich Besitzer von Sachwerten. Aber mir ist der kritische Punkt dabei bewusst. Langfristig werden Vermögen nicht über Geldbesitz sondern über Sachbesitz weiter gegeben. Und das größte Problem ist Sachbesitz in großer Menge. Das kann Jahrhunderte überleben. Geldvermögen geht schnell unter, vielleicht in 100 Jahren.

    • Und genau die Tatsache, dass Geldvermögen untergehen kann (höchstwahrscheinlich auch wird), ist ein wesentlicher Grund dafür, dass es diese Webseite gibt. Das Geldvermögen, das – solange es besteht – ebenfalls vererbbar ist, macht sich mit zunehmendem Reifegrad des Geldsystems selbst Probleme.

      Die von Ihnen angesprochenen Probleme mit dem Sachvermögen sind nicht Gegenstand dieser Webseite. Dafür empfehle ich eher solche Seiten, die sich mit gesellschaftspolitischen und damit zusammenhängenden rechtlichen Fragen beschäftigen.

  7. Jedes mögliche Ereignis tritt wahrscheinlichkeitstheoretisch auch irgendwann ein. Im Fall der Währungsreform ist ungewiss, wann sie eintritt, insbesondere auch welche Währung als nächstes davon betroffen sein wird. Wenn man sich die Geschichte des US Dollar (Kriege, überbordende Staatsverschuldung und Geldvermehrung durch die Notenpresse) vor Augen führt,sieht man, daß es seeeeehr lange dauern kann bis eine Währung ruiniert ist. A Dollar ist a Dollar (Kostolany). Affe tot, Klappe zu.

  8. Gut, dass Kostolany mal wieder zitiert wurde. Dieser uralte Mann sollte uns an die lange Geschichte der Börse erinnern und an ihre Kraft, auch größte Krisen zu überstehen. Das hängt wohl mit den dort gehandelten Sachwerten und mit der Lebenskraft der Wirtschaft, die in diesen Sachwerte stattfindet, zusammen.

    Also: Die Krise kann kommen. Sie wird alle hart treffen. Aber das Ende wird sie nicht sein. Bis dahin machen wir unser Geschäft mit Klugheit und Disziplin.

    Vielleicht sollte man sich auch immer mal wieder die amerikanische Börse als historisches Beispiel nehmen.
    Unser Deutschland war ja im 19. Jahrhundert eine Emporkömmling, der im 20. Jahrhundert größenwahnsinnig wurde. Deutschland ist dafür zweimal hart bestraft worden und hat überdurchschnittlich viele Krisen erlebt. Das ist in unserem historischen Gedächtnis tief verhaftet.
    Ich glaube aber, dass wir jetzt vor eher „normalen“ Zeiten stehen wie die USA oder Großbritannien oder Schweden sie schon sehr lange haben. Ich glaube, dass das normale Auf und Ab mit jeweils einem kleinen Tick nach oben die nächsten Jahrzehnte bestimmen wird. Deshalb sollte man sich von der Krisenangst im kollektiven deutschen Unterbewusstsein nicht zu sehr beeinträchtigen lassen.

    Nicht umsonst ist das deutsche Wort „Angst“ schon in den anglo-amerikanischen Wortschatz eingegangen. Als Börsianer darf man sich aber nicht von der Angst überwältigen lassen und muss zumindest gedanklich immer einen Schritt voraus sein.

  9. Mit einem Wort das System ist im a…. ,rette sich wer kann

  10. Das seltsame Phänomen, das bisher alle Hochkulturen und Weltreiche in der Geschichte der halbwegs zivilisierten Menschheit zerstörte, wurde im Jahr 1935 in dem makroökonomischen Grundlagenwerk „General Theory of Employment, Interest and Money“ („Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes“, 1936) von dem „Jahrhundertökonomen“ Sir John Maynard Keynes mathematisch exakt beschrieben und als „Liquidity Trap“ (Liquiditätsfalle) bezeichnet. Allerdings hielt es Prof. Dr. J. M. Keynes von der ehrwürdigen University of Cambridge nicht für nötig, der hohen Politik mitzuteilen, wie eine Liquiditätsfalle generell verhindert werden kann, denn damit hätte er sowohl sich selbst als auch die hohe Politik überflüssig gemacht!
    Treten wir einen weiteren Schritt zurück, ins Jahr 1916. In diesem Jahr veröffentlichte der Kaufmann Silvio Gesell – auf eigene Kosten – sein Werk „Die Natürliche Wirtschaftsordnung durch Freiland und Freigeld“, in dem ganz ohne höhere Mathematik bereits alles vorweggenommen wurde, was zwanzig Jahre später unseren „Jahrhundertökonomen“ zum Jahrhundertökonomen machte, weil er die hohe Politik so gut beschäftigen konnte. Silvio Gesell war selbständig, dachte selbständig und war nicht darauf angewiesen, sich als Wirtschaftsexperte bei der hohen Politik beliebt zu machen. Also beschrieb er nicht nur das Problem, sondern auch die einzig denkbare Lösung: Es gibt keine wie auch immer geartete Finanz- oder Wirtschaftspolitik, um einen sich selbst beschleunigenden Zusammenbruch des Geldkreislaufs (Liquiditätsfalle) zu verhindern, weil das Geld selbst fehlerhaft ist. Es muss geändert werden, damit es auch ohne Urzins (Keynes: Liquiditäts(verzichts)prämie) umlaufen kann, und somit keine systemische Ungerechtigkeit (Zinsumverteilung von der Arbeit zum Besitz) mehr erzeugt, die wenige Reiche (Zinsgewinner) immer reicher und viele Arme (Zinsverlierer) immer ärmer macht, bis die ganze Volkswirtschaft zusammenbricht.
    Um mit diesen wieder gewonnenen Erkenntnissen die Gegenwart zu verstehen, verschaffen wir uns zunächst einen Überblick über die finanzielle Gesamtsituation der Bundesrepublik Deutschland (gerundete Zahlen sind ausreichend):
    Summe aller Ersparnisse (Zinsgeldvermögen): 5,8 Billionen Euro
    Verliehene Ersparnisse: 5,1 Billionen Euro
    Nicht verliehene Ersparnisse (Hortung): 700 Milliarden Euro
    Zinseinnahmen der Geschäftsbanken: 420 Milliarden Euro pro Jahr
    Zinsaufwendungen für Sparer (vor allem Großsparer): 330 Milliarden Euro pro Jahr
    Bankmarge: 90 Milliarden Euro pro Jahr
    (Quelle: Deutsche Bundesbank, Stand: Oktober 2007)
    Wer sind also die Ausbeuter in der Zinswirtschaft – die „bösen Banken“ oder die „lieben Sparer“? Die Summe aller „unverschämten Bankmanagergehälter“ beträgt weniger als zwei Prozent der Bankmarge, und im Gegensatz zu den Sparern erbringen die Bankmanager dafür sogar eine Arbeitsleistung, unabhängig davon, wie man diese anderweitig bewerten mag. Die Risikoprämie (Kreditausfall-Versicherung) ist ebenfalls in der Bankmarge enthalten.
    Die Liquiditätsverzichtsprämie (Urzins), die den Sparern gezahlt werden muss, damit die Geldersparnisse nicht in bar oder auf Girokonten gehortet, sondern mittel- bis langfristig verliehen werden und somit für realwirtschaftliche Investitionen zur Verfügung stehen, setzt eine Untergrenze für die Rentabilität neuer Sachkapitalien (Häuser, Fabriken, etc.), sodass ein struktureller Sachkapitalmangel bestehen bleibt, aus dem wiederum die Eigenkapitalrendite für alles (noch) unverschuldete Sachkapital resultiert, die zurzeit etwa 120 Milliarden Euro pro Jahr beträgt. Rechnen wir die privaten Bodenrenten von etwa 100 Milliarden Euro pro Jahr hinzu, von denen ein Großteil in den Wohnungsmieten enthalten ist, beträgt die Summe arbeitsfreier Kapitaleinkommen (unverdiente Knappheitsgewinne) auf Kosten der Mehrarbeit anderer 550 Milliarden Euro pro Jahr, was einem durchschnittlichen Nettolohnverzicht von 1200 Euro monatlich für alle 38 Millionen (noch) arbeitende Zinsverlierer in Deutschland entspricht. Der dadurch bedingte Kaufkraftverlust der breiten Masse destabilisiert schließlich die gesamte Ökonomie (gegenwärtiger Ist-Zustand).
    Die Zinsumverteilung zwischen den Nationalstaaten entsteht dadurch, dass Länder mit negativer Außenhandelsbilanz immer mehr auf Kredite angewiesen sind, um Waren bezahlen zu können, die sie aus Ländern mit positiver Außenhandelsbilanz beziehen. Damit steigt auch die Zinslast der ärmeren gegenüber den reichen Ländern, bis sie in eine dauernde Abhängigkeit (deutlich: in die Zinssklaverei) geraten. Im Falle der Europäischen Währungsunion war das katastrophale Ergebnis vorhersehbar, denn ein gemeinsames Zinsgeld führt nicht etwa zu einer „europäischen Einigung“, sondern muss im Gegenteil die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten noch vergrößern, weil die schwächeren Volkswirtschaften keine Möglichkeit mehr haben, ihre Landeswährung gegenüber den anderen Währungen abzuwerten und damit ihre Außenhandelsbilanz wieder zu verbessern. Wir sehen also: Es bedarf keiner komplizierten Theorien, die eigentlich gar nichts erklären, wenn die einfachste Theorie alles erklärt.
    Die Alles entscheidende Frage lautet: Warum hat eine Menschheit, die bereits Raumfahrt betreibt, etwas im Grunde so Einfaches wie das Geld bis heute nicht verstanden?

  11. Selbständiges Denken muss man sich leisten können; das ist die ganze Erklärung. Wer nur „Papier beschmutzt“ und davon auch noch leben will, darf nur das schreiben, was das Zielpublikum hören will. Besonders leicht macht man es sich dabei, wenn man sich an irgendeine „Denk“tradition (Sartres existentialistische Variante des Marxismus) anheftet, für die bereits ein Zielpublikum existiert. Wenn es dem „Papierbeschmutzer“ nun gelingt, das Zielpublikum mit irgendetwas zu begeistern, glaubt er auch selbst an das „irgendetwas“, unabhängig davon, ob es wissenschaftlich haltbar ist oder nicht. Denn schließlich kauft das Publikum ja sein „beschmutztes Papier“, sodass er einigermaßen davon leben kann. Für solche Patienten gilt uneingeschränkt:
    Dem Volke habt ihr gedient und des Volkes Aberglauben, ihr berühmten Weisen alle! – und nicht der Wahrheit! Und gerade darum zollte man euch Ehrfurcht.
    Wer dagegen konsequent bei der Wahrheit bleibt, darf nicht darauf hoffen, in „dieser Welt“ ein Publikum zu finden, von dem er leben kann:
    Frei vom Glück der Knechte, erlöst von Göttern und Anbetungen, furchtlos und fürchterlich, groß und einsam: so ist der Wille des Wahrhaftigen.
    Friedrich Nietzsche: Also sprach Zarathustra.
    In einem ganz besonderen Maße gilt dies für die Ãœberwindung des Kapitalismus, denn der heutige „von Gott geschaffene Kulturmensch“ ist ein Kapitalist…
    „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde“: von der Zeit an sitzt der Reiche im Himmel und der Arme liegt auf der Erde.
    (Alte jüdische Weisheit)
    …und will es bis zum Jüngsten Tag auch bleiben!
    Selbstverständlich kann immer nur ein kleiner Teil der halbwegs zivilisierten Menschheit reich sein (Himmel der Zinsgewinner), während die überwiegende Mehrheit arm ist (Hölle der Zinsverlierer). Solange aber alle glauben, Zinsen, Renditen und private Bodenrenten (leistungslose Kapitaleinkommen) müssten wohl auf „Apfelbäumchen“ wachsen und nicht durch die Mehrarbeit anderer, gibt man die Hoffnung nicht auf. Die ganze Welt zu verändern erscheint dem „Normalbürger“ als eine in jedem Fall „unerreichbare Utopie“, und so beschränkt er sich darauf, eines unbestimmten Tages auf Kosten anderer existieren zu können, damit andere nicht länger auf seine Kosten existieren. In welchem Maße dies jeweils unbewusst oder teilweise bewusst geschieht, spielt keine Rolle. Eine dritte Möglichkeit – die eigentliche Definition von Leben – ist in „dieser Welt“ nicht vorgesehen, also bleibt ihm wohl nichts anderes übrig. Für die Bewusstwerdung ist es aber in jedem Fall von Vorteil, schon mal die richtige Musik zu hören:
    http://www.deweles.de/himmel-und-hoelle.html
    (Die schlechte Klangqualität bitte ich zu entschuldigen, aber Musikwiedergabesysteme nach dem tatsächlichen Stand der Technik (Schleichwerbung muss sein) http://www.audio.ruhr können sich heutzutage nur noch die Zinsgewinner leisten.)

  12. Herr Brichta,

    wie wir alle wissen ist die Notenbankpolitik der FED ein sehr maßgeblicher Faktor für steigende oder fallende Aktienmärkte und sogar für die Wirtschaftsentwicklung auf der ganzen Welt!

    Gestern hat die FED lediglich eine kleine Zinssenkung durchgeführt und auch den Ausblick defensiv gehalten. Trump möchte bekanntlich eine noch lockerere Geldpolitik der FED zum Stimulus der Wirtschaft und steigenden Aktienmärkten, was seine Wiederwahl sichern würde.

    Heute, einen Tag nach dem (für Trump enttäuschenden) FED-Zinsentscheid, verkündet Trump weitere Zölle gegen China.

    Das kann doch kein Zufall sein…

    Wie sehen Sie das?

    • Die Fed und Trump arbeiten derzeit ein wenig gegeneinander, das ist offensichtlich. Aber von Seiten der Fed gilt dies hauptsächlich verbal. Schließlich hat sich Powell alles offengelassen, auch weitere Zinssenkungen. Mein Eindruck ist, dass er sich einfach nicht öffentlich auf den Trump-Kurs festlegen lassen wollte.

      Was aber in der Öffentlichkeit vollkommen unterging, war, dass die Fed seit Donnerstag ihre Bilanz nicht weiter abbaut. Damit hat sie zwei Monate früher damit aufgehört, als zuletzt angekündigt. Auch hier kam sie Trump entgegen. Angesichts dessen musste Powell wenigstens verbal Unabhängigkeit demonstrieren.

      • Gestern verkündet die US Bank Morgan Stanley, dass sie mit zwei weiteren Zinssenkungen rechnet…

        …und heute verkündet die US Regierungsseite, dass die zusätzlichen Chinazölle bis zum 15.12.2019 verschoben werden.

        Lassen Sie uns 1 plus 1 zusammenzählen: Wenn die FED die Zinsen senkt, gibt es eine Einigung mit China.

  13. Herr Schilling hat doch recht wenn er meint: die Notenbanken können alle Bundesanleihen aufkaufen und danach wertlos ausbuchen. Die Notenbank kann auch Aktien kaufen wie es die
    Japanische Notenbank bereits tut. Nur der Nikkei ist immernoch erst die hälfte Wert gegenüber 1989/1990 und das ist schon lange her.
    Herr Brichta meint irgenwann bricht der Krug und es muss eine Währungsreform geben. In beiden Aussagen steckt eine Wahrheit. Was mir so auffällt in meinem bekannten Kreis ist das eine gewisser Vertrauensverlust in der Bevölkerung bemerkbar macht(Notenbank mit Ihrem Negativzins). Wenn der Negativzins an die Kunden weitergegeben wird von den Banken
    dann will doch der Bäcker ganz schnell seine Einnahmen weiterreichen z.B. an die Tankstelle, Der Tankstellenwärter will ebenfalls seine Einnahmen weiterreichen damit er nicht die Negativzinsen zahlen muss usw. Dann müsste doch eigentich die Inflation ansteigen weil die Geldgeschwindigkeit deutlich zulegt. Und dann sitzt die Notenbank im Dilemma. Warten wir die weitere Entwicklung ab. Es bleibt auf jeden Fall spannend.

    • Die Notenbanken können nicht nur, sondern sie werden auch alles in ihrer Macht stehende tun, um den Laden so lange wie möglich am Laufen zu halten. Irgendwann – auch wenn ich nicht weiß, wann das sein wird – wird sich dies aber in dem von mir beschriebenen Vertrauensverlust niederschlagen.

      Dass der Bäcker seine Einnahmen schnell weiterreicht, wird dann gar nicht das größte Problem sein. Das größere Problem wird eher sein, dass der Bäcker das Geld gar nicht mehr haben will, sondern lieber eine alternative Währung. Das ist ein Grund dafür, warum Notenbanken Konkurrenz-Währungen von Anfang an unterbinden wollen.

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