Greiffbar – Investments zum Anfassen
30. August 2019 - Volker Schilling in Gastbeitrag | 5 Kommentare
Welche Themen waren diese Woche am Finanzmarkt relevant?
- Grenzen setzen
- Grenzwertige Gedankenspiele
- Ausgegrenzt
Grenzen setzen
Das wollten diese Woche mal wieder alle. Die einen den Flüchtlingen, die anderen dem grenzenlosen Kapitalismus und wiederum Dritte den rechten Parteien. Scheint beliebt zu sein, wieder Grenzen aufzubauen, statt einzureißen. Wie wäre es denn mal damit: Statt einer Schuldenbremse brauchen wir eine Steuerbremse. Wir sollten endlich mal dem Reichsten im Land, dem Staat, die Grenzen aufzeigen. Es hat ja schon kabarettistische Züge, wenn man in dieser Woche gleichzeitig einen Steuerüberschuss von 45 Milliarden Euro für das erste Halbjahr meldet und zeitgleich den Solidaritätszuschlag nicht komplett abschaffen will, weil man die 11 Milliarden Einnahmen daraus noch braucht. Schon jetzt hat Deutschland eine der höchsten Steuerquoten weltweit, von dem Subventionsdschungel und der Komplexität spreche ich hier gar nicht. Das beste fiskalische Konjunkturprogramm wäre eine Steuererleichterung. Die beste konjunkturelle Vision eine Steuerreform. Dazu müssen aber Denkgrenzen fallen. Stattdessen:
Grenzwertige Gedankenspiele
Die SPD bringt die Vermögenssteuer wieder ins Spiel: Finanzminister Olaf Scholz führt Transaktionssteuern auf Wertpapiere ein, und jetzt kursiert ein weiterer Entwurf aus seinem Ministerium, welcher die steuerliche Anrechenbarkeit von Verlusten mit Aktien und Anleihen bei einer Unternehmens-Insolvenz abschaffen will. Finanzminister Olaf Scholz, selbst bekennender Sparbuchfan, tut alles dafür, eine Kapitalanlage-Kultur in Deutschland zu sabotieren. Dauernd oktroyiert er den Anlegern neue Belastungen auf, die den realen Kapitalerhalt erschweren. Er will die Sparer wohl in der realen Negativverzinsung halten und bestraft permanent die Masse der Anleger, die privat vorsorgen. Grenzenlos scheint dabei sein Gebaren, denn unter dem Deckmantel, den bösen Spekulanten zu bestrafen und soziale Gerechtigkeit zu missionieren, vergisst er jede Etikette und nimmt den Kollateralschaden beim mündigen Geldanleger und Vorsorgesparer in Kauf. Diese finanzielle Repression nützt nur einem, dem Staat, der ja in vielen Projekten hinreichend bewiesen hat, dass er mit dem Geld seiner Bürger sehr gut umzugehen weiß. Vorschlag: Keine weiteren Hürden für die Altersvorsorge. Nicht bestrafen oder verbieten, sondern Vorsorgelösungen wie Staats-, Bürger- oder Pensionsfonds anbieten.
Ausgegrenzt
Zwei Millionen Kinder in Deutschland wachsen in einem Hartz IV-Haushalt auf. Diese Tatsache wäre an sich nicht schlimm, wenn da nicht die Konsequenzen wären: Ausgrenzung bei Freizeitaktivitäten, schlechterer Bildungszugang, fehlende Schulmittel, oft begleitet mit Gewalt und Perspektivlosigkeit. Die Aufstiegschancen sind damit deutlich geringer und als letzte Konsequenz ein Teufelskreis, später als eigene Eltern im Hartz IV-System festzustecken, gepaart mit Altersarmut. Hier sollte die soziale Gerechtigkeit ihren Eifer beweisen. Gerechtigkeit darf dabei nicht mit Gleichheit verwechselt werden. Aber Gerechtigkeit muss dafür sorgen, dass alle die gleichen Chancen haben. Ich finde, das aktuelle System geht bei Kindern aus einkommensschwachen Haushalten an die Grenzen des Ertragbaren. Machen wir es erträglicher.
Ihr Volker Schilling
„Vermögenssteuer“ m.E. Wahlkampfgetöse. Man könnte aber i. S. v. mehr Gerechtigkeit die Erbschaftssteuer erhöhen und dazu verwenden einen Staatsfond für die Alterssicherung der Bevölkerung aufzubauen. Liquiditätsengpässe bei den Erben könnte man durch grosszügige Stundungen entschärfen.
„Aber Gerechtigkeit muss dafür sorgen, dass alle die gleichen Chancen haben. “
Chancen sind in Deutschland mehr als genug vorhanden. In Deutschland gibt es kostenlose Bildung incl. kostenlose Universitäten plus Bafög. Jeder junge Mensch in Deutschland hat die Chance, sich über den Bildungsweg ein angenehmes und finanziell abgesichertes Leben einzurichten. Bildung hat jedoch etwas mit „sich anstrengen“ zu tun.
Was hierzulande vergessen wird: der noch vorhandene Wohlstand basiert ausschließlich auf den Fleiß und das hohe Bildungsniveau unserer Eltern und Großeltern.
Ja, die Aussagen würde ich alle unterstreichen und sind wahr. Wahr ist aber auch, dass Kinder aus „bildungsfernen“ (was für ein Euphemismu)Familien einfach ungleich schlechtere Startvoraussetzungen haben. Es geht bereits in der Grundschule los. Es fehlen, mangels Geld, Lehrnmittel, soziale Teilhabe an Freizeiten,Unterstützung bei Hausaufgaben etc etc. In diesem Alter sind es eben Kinder und keine „jungen Menschen“, die bereits selbst agieren können. Kinder strengen sich gerne an, wenn sie motiviert sind, aber oft fehlt diese Incentivierung in besagten Familien.
Wenn im Elternhaus ein bildungsfernes Weltbild vorgelebt wird schlagen Kleinkinder die selbe Richtung ein. Ja, sobald diese dann „junge Menschen“ sind ist es meistens schon zu spät.
Mit noch mehr Geld können Sie dieses gravierende Problem nicht lösen. Unsere Erzieherinnen und Lehrer – ebenfalls häufig Frauen (!) – machen einen großartigen und bestmöglichsten Job in einem extrem schwierigen Umfeld. Was fehlt sind Respekt ihnen gegenüber und klare Regeln, die eingehalten werden. „Grenzen setzen“, Ihr Schlagwort ist passend!;-)
Wohin die Reise in Deutschland jedoch unwiderruflich geht dokumentiert PISA. Das kommt davon, wenn man Grenzen nicht mehr schützen möchte und auf Regeln keinen Wert mehr legt.
Zitat
„„Aber Gerechtigkeit muss dafür sorgen, dass alle die gleichen Chancen haben. “
Chancen sind in Deutschland mehr als genug vorhanden. In Deutschland gibt es kostenlose Bildung incl. kostenlose Universitäten plus Bafög. Jeder junge Mensch in Deutschland hat die Chance, sich über den Bildungsweg ein angenehmes und finanziell abgesichertes Leben einzurichten. Bildung hat jedoch etwas mit „sich anstrengen“ zu tun.
Was hierzulande vergessen wird: der noch vorhandene Wohlstand basiert ausschließlich auf den Fleiß und das hohe Bildungsniveau unserer Eltern und Großeltern.“
Also mal dazu etwas Entspanntes. Studierst Du BWL und machst eine 3,0, dann hast Du zwei Sachen geschafft. Du warst mittelmäßig in einem sinnlosen Studium. Je nachdem, aus welcher Familie Du kommst, bedeutet es entweder Geschäftsführer oder Postbote. Das ist Chancengleichheit in Deutschland. Oder sogar überall.
Um Chancen in Deutschland zu verstehen, muss man nur den Aufschwung der letzten Jahre verstehen. Mehr Leute arbeiten für Niedriglohn, mehr Altersarmut, mehr Hart 4. Und nur so gesagt, die meisten Leute, die in Hartz4 arbeiten. Sie stocken auf. Die meisten, weil man das blödeste in Deutschland gemacht hat, was man machen kann: Sie haben eine Familie gegründet. Emotional mag es das Beste sein. Finanziell müsste man Kopfschuss sagen. Kinder mögen zwar die Rente sichern, sicher aber nicht die eigene.
Wer denkt, dass unsere Eltern mehr geleistet haben irrt. Dazu möchte ich nun eine irrwitzige Behauptung aufstellen. Unsere Eltern konnte ungelernt bei VW oder Daimler für ein tolles Gehalt arbeiten, bei dem sie ganz entspannt waren, naja oder nicht, egal. Für die Ungelernten heute bleibt Mc Donalds und das ist ein harter Job. Du gehst für wenig Geld total kaputt nach Hause. Für den Luxus Job bei Daimler ungelernt, brauchst Du heute Vitamin B. Ist kein Witz. Den Job bei MCD bekommst Du inklusive Altersarmut und kaputt nach der Arbeit. Für den Job bei Daimler muss Du erstmal in eine Zeitarbeitsfirma oder hast halt Kontakte. Der Unterschied ist beinah doppeltes Gehalt.
Der Fleiß und der Bildungsgehalt unserer Eltern ist Illusion. Ihnen wurden Sachen in de „Arsch“ gesteckt, die man heute niemanden mehr anbietet. Von unseren Eltern konnten viele mit 50 in Rente gehen mit vollen Bezügen. Ich kenne jemanden, der hat mit Anfang 50 bei der Privatisierung der Telekom ein Attest bekommen, dass er die Farbe Gelb nicht sehen kann. Rente mit 50, alles bei Ihm zuhause von Telekom geklaut. Von was für einer Leistung redest Du? Ich kenne einen, der hat BWL studiert, ging dann zur Post, die dann privatisiert wurde. Er war gehobener Dienst. Seit seinem 35 Lebensjahr konnte ihn dann die private Wirtschaft ausleihen. Hat nie einer gemacht. Er hat seitdem bei vollen Bezügen nie wieder gearbeitet. Von was für einer Leistung redest Du? Jedes mal, wenn die Regierung davon geredet hat, Personal einzusparen, wurde Leuten was in den Arsch gesteckt, wovon Du heute nur träumen kannst. Die Privatisierung der Post und Telekom war ein Geschenk für junge Leute, früh für viel Geld in Rente zu gehen.
Ich kenne Leute, die seit ihrem 35 Lebensjahr nicht mehr richtig gearbeitet haben, weil der Staat gesagt hat, dass er Arbeitsplätze abbaut. Noch nie hat der Staat gesagt, er baut Arbeitsplätze ab und hat damit gemeint, dass die Leute bis 67 arbeiten sollen. Ich kenne sogar heute Leute, die beim Staat arbeiten und mit Anfang 50 die Arbeitswelt verlassen und von Renten leben, von denen die meisten nur träumen können.