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Greiffbar – Investments zum Anfassen

18. Dezember 2020 - Volker Schilling in Gastbeitrag | 14 Kommentare

Greiffbar - Investments zum Anfassen von Volker Schilling

Welche Themen waren diese Woche am Finanzmarkt relevant?

  • Positiv
  • Komparativ
  • Superlativ

Positiv

Willkommen zur letzten Ausgabe meiner Kolumne in diesem Jahr. Den nächsten Wochenkommentar erhalten Sie wieder am 8. Januar 2021. Soweit die gute Nachricht, die schlechte: Das Wort „positiv“ hat leider in diesem Jahr für viele Menschen das Gegenteil bewirkt. Und so verwundert es kaum, dass zum Jahresausklang die Infektions- und Todeszahlen in Deutschland auf Jahreshöchstständen stehen. Und während Menschen und Wirtschaft darunter leiden, befinden sich auch die Börsenindizes auf absoluten Höchstständen. Egal ob DAX, S&P oder Nasdaq, alle nahe ihrer absoluten Hochs. Wer hätte dies im Jahresverlauf gedacht?! Auf Rekordhoch befindet sich auch der Bitcoin, der allein diese Woche über 20% zugelegt hat und bei 23.748 US-Dollar angekommen ist. Wie der Bitcoin, schicken sich auch die Techs wie Tesla und Co an, ebenso ins Unermessliche zu steigen. Positiv? Meine Meinung kennen Sie bereits. Auf absolutem Rekordhoch sind auch die Paketauslieferungen, da der stationäre Handel endgültig sein Dasein an die Onlinewelt verloren hat. Immerhin eine positive Nebenwirkung: Die Deutsche Post ist einer der großen Profiteure und die Aktie steht vor dem Ausbruch zu absoluten neuen Höchstständen. Nicht verpassen!  Als „Positiv“ bezeichnet man übrigens auch die Grundform der drei Steigerungsstufen von Adjektiven und Adverbien. Nach der Grundform kommt der:

Komparativ

Der Komparativ ist die erste Steigerungsstufe. Quasi die Eskalation des Adjektivs. So etwas wie: Google ist groß, sein Einfluss noch größer! Und eskaliert das weiter, dann ist Google vielleicht zu groß und nutzt zu Unrecht seine Marktstellung aus, um sich Wettbewerbsvorteile zu sichern. Wie wir diese Woche erfahren haben, klagen jetzt 38 US-Bundesstaaten gegen den Suchmaschinenbetreiber wegen kartellrechtlicher Verstöße. Und die EU, unter der Führung der Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager, legt mit einem Digitalpakt nach. Keine guten Zeiten für Google, Facebook und Co, um noch größer zu werden. Der Aktienkurs der Google-Mutter Alphabet dagegen reagiert unbeeindruckt: Immer noch über 30% Wertzuwachs im laufenden Jahr. Ich vermute diese Steigerungsform wird sich im kommenden Jahr nicht fortsetzen lassen. Apropos Steigerungsformen: Vergessen wir nicht den:

Superlativ

Der Superlativ kommt vom lateinischen super (= über) und ferre (= tragen), und schon schließt sich der Kreis zur Grundform: Wer in diesem Jahr positiv getestet wurde, der kann das Ganze sehr schnell an seine Mitmenschen übertragen. Und warum das im lateinischen Superlativ heißt, wissen wir spätestens seit den rasant ansteigenden Zahlen. Aber mein persönlicher Superlativ in diesem Jahr ist eben nicht die Pandemie, sondern die Menschen, die sie gemeistert haben. Da ist zum einen meine persönliche Frau des Jahres: Dr. Jeong Eun-Kyeong, die Verantwortliche der Südkoreanischen Pandemiebehörde, auch „Virus-Jägerin“ genannt, die ohne einen einzigen Lockdown und ausschließlich durch testen, digitales Nachverfolgen und isoliertes Behandeln die Bevölkerung schadlos durch die Pandemie führt. Oder mein persönlicher Mann des Jahres: Michel Barnier, der Chefunterhändler der EU im Brexit Streit mit Großbritannien, der wie kein anderer völlig unaufgeregt, höflich im Ton und verbindlich in seinen Aussagen agiert. Ohne Pomp, Polemik oder Populismus zeigt er, was Geschlossenheit und Respekt bewirken kann. Und zu guter Letzt meine Aktie des Jahres: Dominos Pizza. Weil dieser Wert wie kein anderer so wunderbar Old School ist: Höchststände gehen auch ohne Tech-Aktien. Amazon sieht blass aus gegen die langfristige Wertentwicklung von Dominos Pizza. Und das Schönste: Pizza lässt sich so wunderbar mit Freunden teilen. Großartig! Kommen Sie gut ins neue Jahr.

Ihr Volker Schilling

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14 Kommentare

  1. „Wie wir diese Woche erfahren haben, klagen jetzt 38 US-Bundesstaaten gegen den Suchmaschinenbetreiber wegen kartellrechtlicher Verstöße. Und die EU, unter der Führung der Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager, legt mit einem Digitalpakt nach. Keine guten Zeiten für Google, Facebook und Co, um noch größer zu werden.“

    Google, Facebook und Co. haben Biden und Co zurück zur Macht verholfen. Wer glaubt denn ernsthaft, dass diese nun FAANG beschneiden werden?!

    (Wer „Macht“ besitzt, gibt sie nicht freiwillig ab. Unabhängig vom System.)

    Vielmehr werden die aktuellen Nebelkerzen als Begründung für überfällige Kurskorrekturen herangezogen.

    Gestern: „EU-Wettbewerbshüter genehmigen Fitbit-Übernahme durch Google“

    Soviel zum Thema…;-)

  2. Ich nutze mal diesen Blog-Beitrag… es geht mir um Alibaba bzw. allgemein China-Aktien. Herr Schilling und Michael sind, aus verschiedenen Beiträgen hier zu entnehmen, Fans von Alibaba. Ich gebe zu, ich habe sie auch zumindest auf der Watchlist gehabt, allerdings mich bisher nicht für Kauf entschieden.

    Ich stecke zwar nicht zu sehr in der Materie drin, aber mich würde mal interessieren, wie die Leute hier die aktuellen Entwicklungen bei Alibaba einschätzen bzw. auch generell Chinawerte (Xiaomi, Tencent,…) … spielt da nicht immer die Unsicherheit irgendwie mit? Haben Chinawerte nicht immer die Kontrolle oder den möglichen regulatorischen Eingriff im Rücken?

    Ich wünsche allen einen guten Übergang ins neue Jahr und schonmal beste Börsenerfolge und natürlich Gesundheit.

    • Die regulatorischen Eingriffe der chinesischen Regierung halte ich für eine gute Sache. Damit wird die Wettbewerbssituation, die letztlich weitere Innovation fördert, offen gehalten. An den amerikanischen Tech-Größen sieht man, wie schwer es ist, deren dominierende Marktmacht einzugrenzen. – Monopole sind immer schlecht.

      Ansonsten sehe ich China sehr positiv. Das Land wird demnächst die größte Volkswirtschaft der Erde sein. Während es da hinein wächst, werden dort natürlich auch die Aktien steigen.

      Auch regulatorisch entwickelt sich China zu einem ernst zu nehmenden Aktienmarkt. Sie werden als erste eine Digitalwährung haben, die von der Notenbank gesteuert wird. Auch die chinesischen Anleihen werden mehr und mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen und den amerikanischen damit Konkurrenz machen.

      In meinem Portfolio trage ich dem Rechnung, indem ich es nicht nach MSCI-World oder Welt-Marktkapitalisierung ausrichte, sondern nach MSCI ACWI + MSCI Emerging Marktets. Dann hat man die Weltwirtschaft nach BIP abgebildet. Und China wird in dieser Konstellation einen wachsenden Teil ausmachen.
      Kommende Welt-Indices werden USA und China zu gleichen Teilen abbilden.

      Es wird heute sehr wichtig sein, Asien hinreichend im Portfolio zu haben. Wir haben ja in der Corona-Pandemie gesehen, wie gut organisiert und innovativ viele asiatische Volkswirtschaften sind.

      Es kann sogar passieren, dass in China eine Super-Hausse ausbricht, wenn die dortige Bevölkerung im immer besser werdenden Heimatmarkt anfängt zu spekulieren. (Mein Stil ist es nicht, an Super-Haussen teilzunehmen. Deshalb habe ich weder Tesla noch Alibaba oder Zoom.)

  3. Es ist wie immer: Chancen u. Risiken stehen sich gegenüber. Positiv ist schlicht die hohe Bevölkerungszahl=großer Absatzmarkt, viele Talente, aufstrebende Gesellschaft, ehrgeiziger,bildungshungriger Nachwuchs. Risiken bestehen hinsichtlich des Machtkampfes mit den USA, z. B. Verbot chinesische Aktien zu erwerben, Handelsbeschränkungen. Die Chancen u. Risiken sind umfangreich. M.E. überwiegend die Chancen. Ich tendiere zu einer Beimischung per ETF bis 15%. Aber Japan, Südkorea, Vietnam nicht vergessen.

    • Hallo Aries und Peter,

      ich stimme euch natürlich zu, Asien ist schlicht und einfach der Zukunftsmarkt, da stimmen wir alle überein. Und ich denke, wenn man die Region insgesamt spielen will, ist das am besten über ein oder zwei ETF zu machen. Ich bin noch auf der Suche nach geeigneten ETF Kandidaten für diese Region.

      Mir ging es vor allem in meinem Beitrag um Einzelwerte und jetzt das Beispiel Alibaba. Wenn China die Kontrolle verliert oder glaubt verlieren zu können, gibt es Auflagen. Mischt sich die Regierung aber zu sehr ein oder hängt zu sehr drin, können schnell Dinge wie mit Huawei passieren und ein Boykott in der westlichen Welt, kann für manchen China-Wert auch schnell schwierig werden.

      Bei Alibaba ist es jetzt die Größe und das Wachstum und die Gefahr einer absoluten Monopolstellung, viele Investoren sind aber auf diesem Zug aufgesprungen, gerade wegen der Macht.

      Deswegen schließe ich auch nicht aus, dass es bei großen US-Techwerten in der westlichen Welt in den kommenden Jahren klare Auflagen geben wird. Es verhindert nicht das Wachstum der Werte, nur die Frage ist dann, ob wir uns bei manchen Werten nicht einfach momentan in einer Blase befinden. Auch wenn ich z.B. keine Tesla-Aktien anfasse und auch nicht das Risiko eingehe Short dort zu gehen, die Bewertung ist für mich absoluter Irrsinn. Daher erwarte ich für Tesla in 2021 kein erfolgreiches Börsenjahr zumindest.

      • Hallo Andreas,glaube Volker setzt f. seinen Nachwuchs u.a. auch auf Alibaba. DJE Jun. hat Alibaba nach meiner Erinnerung hochgewichtet in einem Fond…glaube Asien high dividend. Diesen halte ich seit Jahren auch. Das Einzelaktienrisiko f. Alibaba kann ich leider nicht einschätzen. Jedenfalls werde auch ich z. Zt. keine Teslaaktien erwerben. Glück bleibt ein Faktor bei Aktienanlage. Wenn wie bei Alibaba viele Fonds investiert sind ist das einerseits positiv, andererseits ist der Ausgang bei schlechten Nachrichten seeehr eng. Letzteres kann lt. Raimund vernachlässigt werden, denn die Kurse machen die Nachrichten; was in dieser Allgemeinheit m. E. soo nicht zutrifft.

        • “ Letzteres kann lt. Raimund vernachlässigt werden, denn die Kurse machen die Nachrichten; was in dieser Allgemeinheit m. E. soo nicht zutrifft.”

          In dieser Allgemeinheit habe ich es auch nicht postuliert. Selbstverständlich können Nachrichten die Aktienkurse von Unternehmen unter Druck bringen, wie in diesem Jahr eine Firma namens Wirecard eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat 😉

          Ich beziehe vor allem auf die fortwährenden Marktschwankungen, für die stets im Nachhinein irgendwelche Nachrichten als Begründung herangezogen werden.

          • Ich lese gerade das Buch „Die Wirecard Story“, vielleicht eine Art psychische Aufarbeitung des eigenen Verlustes… *schmunzel*

            Aber man kann nun schon Bilanz ziehen, für mich war es ein – trotz Wirecard – sehr erfolgreiches Jahr an der Börse. Vielleicht kommt es gar nicht so auf die Branche an, sondern ist viel mehr der Kaufzeitpunkt von Unternehmen entscheidend.

          • Volle Zustimmung…damit hast Du eine grundlegende Irritation meinerseits ausgeräumt. Falls möglich sollte man diesen Satz so formulieren, dass der Zusammenhang mit den Marktschwankungen auch f. Laien immer deutlich wird. Die halten Börse sonst für Hokuspokus u. bleiben fern.

          • Ich dachte, ich hätte es immer nur dann erwähnt, wenn es konkret um solche Schwankungen gegangen wäre…

            Auf jeden Fall sollten Laien wissen, dass Massenpsychologie und rein monetäre Faktoren für Börsenkurse generell eine größere Rolle spielen, als harte Fakten. Insofern kommt es oft tatsächlich weniger auf eine Nachricht als solche an als vielmehr darauf, wie diese Nachricht in den Köpfen der Marktteilnehmer wahrgenommen und verarbeitet wird. Das ist oft ein Unterschied, und es lässt sich nicht immer vorherbestimmen.

            Bei bestimmten Nachrichten ist allerdings stets klar, wie sie verarbeitet werden. Der Fall Wirecard zählt dazu 😉

          • „Auf jeden Fall sollten Laien wissen, dass Massenpsychologie und rein monetäre Faktoren für Börsenkurse generell eine größere Rolle spielen, als harte Fakten. … Bei bestimmten Nachrichten ist allerdings stets klar, wie sie verarbeitet werden. Der Fall Wirecard zählt dazu.“

            Auch wenn es bei Wirecard noch so klar war: Gegen die Macht der Psychologie ist kein Kraut gewachsen.

            In der Vergangenheit hatte ich mich bereits an die immer wiederkehrenden Short-Attacken auf Wirecard gewöhnt, denen Markus Braun stets mit sofortigen Dementis, eigenen Aktiengegenkäufen und auch rechtlichen Schritten begegnete. Ganz nach der Kölschen Redensart: „Et hätt noch emmer joot jejange“.

            Ich gebe aber zu, dass die frühzeitigen Beiträge zu Wirecard, die ich hier im Forum gelesen habe, bei mir ebenfalls psychologischen Eindruck hinterließen und bei mir wahrscheinlich zur feinen Umdeutung der Geschehnisse um Wirecard beigetragen hatten: „Diesmal könnte es auch schief gegen“. Und so kam es dann auch.

            Ich bin jedenfalls froh, dass ich meine Wirecard-Aktien lange vor der Pleite verkauft hatte.

            p. s.: Ich warte schon sehnsüchtig darauf, dass die Glaskugel wieder spricht und etwas über das kommende Börsenjahr verrät. Mal sehen, was das mit mir psychologisch anrichtet. 🙂

          • Das meinte ich nicht. Ich meinte nicht die Jo-Jo-Bewegungen vor der Bestätigung der Pleite. Dass in denen viel Psycho war, ist klar. Ich meinte die Bewegung nach der offiziellen Bestätigung der Wirtschaftsprüfer, dass 1,9 Mrd in der Bilanz fehlen. Von diesem Moment an war die Richtung des Kurses bis zum endgültigen Aus klar.

          • Volle Zustimmung. Ich war – wie gesagt – schon lange vorher aus Wirecard ausgestiegen. Und spätestens ab dem genannten Zeitpunkt hatte sich dann auch jeder noch so vager Gedanke an einen eventuellen zukünftigen Wiedereinstieg erledigt.

    • „Verbot chinesische Aktien zu erwerben“….heute erreicht mich ein Schreiben meiner Hausbank, daß sie aufgrund der Verordnung 13959 der OFAC v.12.11.2020 keine Käufe f. China Mobile mehr ausführt. US-Personen mussten jedenfalls diesen Wert bis zum 12.11.2020 verkauft haben, was die Kursruecksetzer in letzter Zeit insoweit erklären dürfte.

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