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Jetzt noch keine Angst haben

17. November 2019 - Raimund Brichta in Allgemein | 23 Kommentare

What a difference a year makes. Genau heute vor einem Jahr erinnerte ich unter der Überschrift „Jetzt gierig sein“ an den Rat von Warren Buffett, an der Börse solle man Angst haben, wenn die anderen gierig sind, und gierig sein, wenn die anderen Angst haben.

Heute steht fest: Buffetts Rat war wieder einmal richtig. Größer könnte der Unterschied zwischen damals und heute nicht sein. Vor 12 Monaten herrschten an den Börsen Angst und Schrecken. Inzwischen sind DAX und S&P 500 wieder putzmunter und liegen gegenüber damals mit rund 15% im Plus. Zugegeben, kurz nach meinem Beitrag ging es noch mal runter, aber was soll’s? Den Tiefpunkt erwischt selbst ein Warren Buffett nicht.

Worauf es ankommt, ist die grobe Linie. Und die zeigte schon im November des letzten Jahres ein Ausmaß an Angst unter den Anlegern, das mich im Sinne Buffetts ruhiger und optimistischer werden ließ. Sie bestärkte mich in meiner damaligen Einschätzung, dass wir vor einem Jahr nichts anderes sahen als eine Börsenkorrektur, die mit den Korrekturen der Jahre 2011 und 2015/16 vergleichbar war. Darin stieß ich auf Widerspruch und zum Teil auf heftige Kritik. Und das war gut so – im Sinne eines Kontra-Indikators.

Ein paar Angst-Kommentare von damals:

“Man kann auch bei DAX 9000 gierig werden. Muss man wirklich schon bei 11300 gierig werden? … Der Aufmacher ,jetzt gierig sein’, kommt für Langfristanleger meiner Meinung nach 2000 Punkte zu früh. Bevor n-tv keine Sondersendungen zum Börsencrash bringt,und Herr Brichta keine Ãœberstunden schieben muss, so lange sind wir weit davon entfernt, gierig sein zu müssen. “ (Beobachter)

“… langsam sehe ich eher den Herrn Brichta als Kontraindikator, der nach jedem (kleineren) Kursrutsch das „wars das schon?“ in veränderten Ãœberschriften erneuert.“ (Jochen Krayer)

“Halte ich für einen extrem fragwürdigen Zeitpunkt, Aktien zu empfehlen Handelskrieg = steigende Inflation = steigende Zinsen = Abverkauf an den Aktienmärkten. Und der aktuelle Aktienmarkt ist schon sehr weit auf quasi kostenlos geliehenem Geld hoch gelaufen.“ (Holla)

„Ich werde bei 5000 Punkten gierig.. dann hat Herr Buffet seine Verluste selbst realisieren müssen…“ (Ralf D)

„Nun ich find den Beitrag doch sehr merkwürdig, zum einen sind die Märkte derzeit nicht in Angst und Schrecken (noch nicht) wie oben geschildert, zum anderen kommen solche Beiträge häufig nach kleinen Korrekturen aber vor allem kurz bevor es richtig knallt.“ (Marco K)

Ein Nutzer mit dem bezeichnenden Tarnnamen Kolik verstieg sich sogar zu der Behauptung:

„Spätestens im Frühjahr 2019 stehen Sie hier ganz ohne ihre Badehose da, Raimund. Diese Tatsache ist das einzig „wahre“ an ihren „Werten“.“ (Kolik)

Kolik lag komplett daneben: Im Frühjahr 2019 schwammen unsere wahren Werte längst wieder obenauf – und zwar mit Badehose. Kolik dagegen war untergetaucht und rührte sich nicht mehr.

Mich hat die Affäre in Folgendem bestärkt: Die Stimmung der Anleger im Allgemeinen und die Nutzer-Kommentare in diesem Blog im Speziellen werden für mich auch in Zukunft ein wichtiger Kontra-Indikator sein.

Das gilt selbstverständlich auch für den umgekehrten Fall, die von Buffett erwähnte Gier. Aber von dieser ist bis jetzt noch nichts zu spüren. Stay tuned!

23 Kommentare

  1. Gefällt mir, aber wann kommt die große Raimund Brichta Jahresprognose 2020?

    • Wie immer zum Jahresanfang – inklusive des Blicks in den Rückspiegel.

    • Raimund, würdest du mir deine Meinung zu diesen Aussagen sagen?

      „Das (der Staat kann sich die Freiheit nehmen und alle Aktien aus Depots wegnehmen) geht heutzutage so einfach wie nie zuvor. Aktien befinden sich in der Giroverwahrsammelstelle. Man hat den besten Überblick und kann jederzeit rasieren. Die physischen Goldlagerstellen hingegen sind unterirdisch. Da kommt so einfach keiner ran, weil unbekannt“…

      Und:

      „Nicht einmal die Bankguthaben auf der Bank sind richtiges Geld. Werden im Crash zu Aktien umgewandelt und gehen in die Insolvenzmasse. Entsprechende Gesetze wurden verabschiedet.“

      Andere, sehr erfahrene Leser, dürfen natürlich auch ihre Meinung dazu sagen.

      Danke!

      • Darauf hatte ich Dir dich schon geantwortet, lieber Stelios. Warum stellst Du diese Frage hier noch einmal?

        • Sorry, ich habe den Beitrag noch mal gesucht, um zu sehen, ob du geantwortet hast, aber hab dann noch nicht mal meine Fragen an dich gefunden, bzw. hatte vergessen, unter welcher Rubrik ich geschrieben habe.

          • Hast Du’s jetzt gefunden?

  2. Meine besten Aktien haben jetzt einen KGV von 30 oder höher. Ich werde nicht verkaufen, bin aber skeptisch. Letztes Jahr war das anders. Nun ja, deswegen war meine Rendite wohl gut.

    Ich denke, dass ich underperformen werde.

    • Wer eh nie verkauft, dem kann das sowieso alles Wurscht sein 😂

  3. Hallo Herr Brichta, da die Berichtssaison nun dem Ende zugeht und eigentlich nur noch Herr Trump einen Kursanstieg mit seinen positiven Twitterkommentaren inne hat, hmm habe nun noch vergessen das die „Medien“ ja noch die Ahnungslosen jetzt noch ins Boot holen! Wäre es doch wirklich sinnvoll mal Kasse zu machen und nach der wohl kommenden Konsolidierung bzw. vielleicht auch größeren Kursrücksetzern günstiger wieder einzusteigen! Vieles ist ja in den Kursen jetzt schon eingepreist und schreit ja förmlich danach es mitzunehmen! Als Kontraindikator verweise ich auf die euphorischen Lettern der Medien!!! Wäre das für Sie jetzt auch eine Ãœberlegung wert? LG Patrick

    • Zunächst einmal geht es mir ganz und gar nicht darum, jetzt noch die „Ahnungslosen“ ins Boot zu holen. Diejenigen, die es geahnt haben wie wir, sind längst im Boot. Und die Ahnungslosen sollten sowieso Sparpläne haben, bei denen es nicht auf Einstiegszeitpunkte ankommt.

      Was Sie empfehlen ist Wellenreiten, und zwar auch auf kleineren Wellen. Das ist aber nicht mein Ding. Ich konzentriere mich lieber auf die großen Brecher. Und die versuche ich, durch Gier und Angst zu erkennen. Angst war – wie gesagt – vor einem Jahr da. Gier erkenne ich – wie gesagt – bis jetzt in größerem Umfang nicht. Vielleicht kommt sie bald? Stay tuned!

      • Woran erkennen Sie Gier, im grösseren Umfang, hat dies mit der Höhe des Dow zu tun oder der Geschwindigkeit des Anstiegs?

        • Auch bei der Gier halte ich mich an die typischen Stimmungsindikatoren. Dabei muss die Gier entweder besonders groß sein oder besonders lange anhalten.

      • Hallo Herr Brichta, mit den „Ahnungslosen“ ins Boot zu holen hatte ich natürlich nicht Sie gemeint sondern die Boulevardblätter bzw. die Massenmedien! Welche Bedeutung ordnen Sie denn dem Fear & Greed Index zu? Er ist ja seit über einer Woche in den „Extreme Geed“-Bereich gedreht und das ist doch sehr bedenklich!

        • Bedenken Sie, wo dieser Index noch Anfang Oktober lag. Nämlich dort, wo er auch in der Depression des Herbstes 2018 lag. Das heißt, wir haben es noch nicht mit einer lange anhaltenden Euphorie zu tun. Kurzfristig wäre sicherlich eine Abkühlung wie Anfang Oktober hilfreich. Sollte sie nicht kommen und die Euphorie tatsächlich länger anhalten, dann wäre dies natürlich ein ernsthafteres Warnsignal. Stay tuned!

  4. „Spätestens im Frühjahr 2019 stehen Sie hier ganz ohne ihre Badehose da, Raimund. Diese Tatsache ist das einzig „wahre“ an ihren „Werten“.“

    Ich hab mir das bildlich vorgestellt. Köstlich. Der Humor fehlt in Ihren Beiträgen nicht.

    Zum Thema zurück, Ihr Interview mit Daniel B. fand ich sehr gut, ich konnte beiden was abgewinnen, Herrn Bernecker ein Stück mehr.

    Eine weitere Frage an Sie. Angst hin, Angst her. Wie soll es jemals wieder eine nennenswerte Korrektur geben, wenn die Notenbanken weltweit beim kleinsten Börsenzucken sofort wieder Sonderprogramme auflegen? Das ist seit 2009 im Gegensatz zu den 100 Jahren zuvor anders. Wenn der bzw. die mächtigsten Player immer dafür da sind, die Börsen zu stützen, egal wie sinnvoll das dem einzelnen erscheinen mag, wie soll es dann zu einer langen Baisse, heftigen Korrektur oder Crash kommen (damit meine ich nicht nur lächerliche 20 %)?

    • 1. Dass Daniel Bernecker mit seiner Kritik die Wunschvorstellungen eines bestimmten Publikums bedient, ist mir klar. Besonders jenes Publikums, das – wie Sie und er – das System nicht bis in seine letzten Windungen gedanklich durchdrungen hat. Deshalb ruft er inzwischen auch (wieder mal) in seinem Dienst die Zinswende nach oben aus, und ich tue das nicht. Klar, die Zinsen tendieren auch in meiner Erwartung in nächster Zeit vermutlich nach oben. Aber das wird nicht mehr sein als ein Zinswendchen, wie wir es in den vergangenen Jahrzehnten schon des öfteren beobachtet haben. Spätestens in der nächsten Krise geht es wieder runter. Und dann werden die alten Tiefststände wieder getestet werden.

      2. Selbstverständlich wird es auch in diesem Notenbank-Szenario Crashs und Baissen mit mehr als 20% Verlust geben. So wie es sie zuletzt 1987, 1998, 2000-2003 und 2008-2009 gegeben hat. Auch damals agierten die Notenbanken nämlich schon ähnlich wie jetzt. Der Unterschied war nur, dass das Geldsystem damals noch nicht so alt war wie jetzt und deshalb konventionellere Geldspritz-Methoden ausreichten.

      Also: Nur die Instrumente ändern sich, nicht die grobe Linie. Und die heißt: Geld spritzen, wenn es nötig erscheint.

  5. Das war letztes Jahr eine interessante und abwechslungsreiche Diskussion. Mit den besten Kommentar hat mEn Jochen Krayer am 26.11.2018 abgegeben:
    „Es sprechen mehr und mehr Punkte für eine Stabilisierung der Märkte bis Januar. Aber mir fällt das „Getrommel“ nicht. […] Gleichzeitig bleiben volumengroße Dip-Käufe aus und die Zwischenrallys werden verkauft. …“

    Der November 2018 war mir ebenfalls noch ein Ticken zu früh. Ich selber habe Anfang Januar 2019 gekauft, nachdem trotz ganz mieser Chinadaten und weiterer Negativmeldungen die Kurse einfach nicht mehr weiter fallen wollten – Peter hat mir seinerzeit den Wink mit dem Zaunpfahl gegeben („Wo bleibt das Blutbad?“). Im diesjährigen Zwischentief im August ist mir die Lufthansa spottbillig erschien, sie hatte neben dem Zwischentief zusätzlich sämtliche branchenspezifische Negativnachrichten abbekommen.

    Ja, jetzt kommen wieder die ersten reißerischen „Kauft Aktien, Jahresendralley“-Artikel…

    Alles in allem gilt es jedoch zu schauen, was die Notenbanken tun. Im September hat die FED womöglich großes Unheil verhindert, was die Investierten sehr schnell auf dem falschen Fuß erwischt hätte. Derzeit druckt die FED, die EZB, und auch China. Ohne geht es nicht mehr. Verrückt!

    • Mir gefallen besonders diese beiden Kommentare von vor 12 Monaten:

      „In 12 Monaten wird man bereut haben bei solchen Ständen nicht zumindest einen Teil investiert zu haben.“ (Stelios Tzotzis)

      „In 20 Jahren gehe ich in Rente, … und ich bin mir sicher dass ich mich dann an diese „aufregenden “ Zeiten um 2018 nicht mehr erinnern kann.“ (Frank)

  6. Auch wenn ich das Geschehen hier im Blog meist von der Seitenlinie beobachte, die Intensität mit der hier Meinungen vertreten werden amüsiert.
    Herr Brichta, ein großes Lob an ihre Objektivität, ich freue mich dass der Markt ihnen recht gab. Sie sind einer der wenigen zuverlässigen Quellen im deutschen Raum wie mir scheint. Weiter so 🙂

    • Ich möchte auch weiter so sagen. Ich habe früher Zeitungen gelesen. Ich weiß, warum ich sie nicht mehr lese. Es gab einen Punkt, da verstand ich, dass Werbung wichtiger ist als Information.
      Es war der Tag, an dem ich das erste mal eine Bild Zeitung bei Mc Donald’s gesehen hatte. Da wusste ich, dass der Springer Verlag MCD nie wieder negativ erwähnen würde. MCD ist heute heute der beste Arbeitgeber der Welt auch wenn kaum noch jemand dort arbeiten möchte. Als ich die Bild bei MCD gesehen hatte, habe ich mein Abo bei der Welt gekündigt. Und ich finde immer noch, dass es richtig war. Journalismus ist heute ein schwieriger Tanz. Weil man damit klar kommen muss, dass er gekauft wird. Wenn man heute dabei noch einen sauberen Eindruck hinterlässt, dann super.

      Und nein, ich denke wirklich so schlecht über die Presse von heute.

      • Hier können Sie auf jeden Fall vor gekauften Inhalten sicher sein.

  7. @Raimund Brichta

    „What a difference a year makes. Genau heute vor einem Jahr erinnerte ich unter der Ãœberschrift ‚Jetzt gierig sein‘ an den Rat von Warren Buffett, an der Börse solle man Angst haben, wenn die anderen gierig sind, und gierig sein, wenn die anderen Angst haben.

    Heute steht fest: Buffetts Rat war wieder einmal richtig. Größer könnte der Unterschied zwischen damals und heute nicht sein.“

    Blöd ist nur, dass sich Warren Buffett nicht mehr an seinen früheren Ratschlag zu erinnern scheint, denn sonst wäre er nach Ihrer Beurteilung der Marktlage letztes Jahr eingestiegen, anstelle weiter Cash von mittlerweile 122 Milliarden US-Dollar aufzubauen!

    Wie wir heute wissen lagen Sie letztes Jahr mit Ihrer Beurteilung auf Sicht von 12 Monaten knapp richtig.

    Warum also so zurückhaltend mit der Prognose der kommenden 12 Monate, wenn Sie keine Gier erkennen können, die Notenbanken wieder Vollgas geben und Dow Jones, S&P 500 und Nasdaq neue Allzeithochs erreicht haben?

    Beste Grüße,
    Bernhard-Albrecht Roth

    • hmm … ich kann hier zwar nicht für Herrn Buffett reden, erinnere mich aber, dass er seinen Apple-Anteil aufgestockt hat. Warum er nicht auch andere Käufe tätigte, müssten Sie ihn schon selbst fragen, wenn es Sie interessiert.

      Was meinen Sie mit „knapp“ richtig? 😂

      Und was meinen Sie mit „zurückhaltend mit der Prognose der kommenden 12 Monate“? Soweit ich mich erinnere, habe ich gar keine Prognose für die kommenden 12 Monate abgegeben, also auch keine zurückhaltende. Ich gebe auch nicht ständig Prognosen ab. Jahresprognosen mache ich in der Regel erst am Jahresanfang. Bis dahin ist noch ein bisschen Zeit.

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