Kein Digi-Euro für alle
6. Dezember 2019 - Raimund Brichta in Allgemein | 10 Kommentare
Aus dem Digi-Euro für uns alle wird – wie erwartet – vermutlich nichts werden. Einen weiteren Hinweis darauf hat jetzt AgustÃn Carstens geliefert. Er ist Generaldirektor der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), einer Art Zentralbank für die Zentralbanken.
Carstens hält es für bedenklich, wenn auch Privatkunden über ein eigenes Zentralbankkonto Zugang zu digitalem Zentralbankgeld erhielten. Denn dies könne die privaten Banken verdrängen.
Deutlicher kann man nicht werden.
Die EZB selbst wird so deutlich noch nicht. Vermutlich will sie den Ball flach halten, um nicht unnötig Kritiker auf den Plan zu rufen. Deshalb hat sie eine andere Ausrede gefunden, warum sie Verbraucher auf absehbare Zeit von Digi-Euro-Zentralbankkonten fernhalten will. Die EZB teilt mit:
Digitales Zentralbankgeld für alle werde erst dann in Erwägung gezogen, wenn der Gebrauch von Bargeld deutlich zurückgehen sollte. Dies sei aber noch nicht der Fall, denn Bargeld habe im Euroraum weiterhin eine hohe Bedeutung. Im Klartext: Wir wollen euch nicht grundsätzlich ausschließen, aber noch braucht ihr den Digi-Euro gar nicht.
Außerdem will auch die EZB den Geschäftsbanken nicht in die Quere kommen: Mögliche Initiativen der Zentralbank dürften niemals privatwirtschaftliche Lösungsversuche für ein schnelles und effizientes Zahlungssystem im Euroraum entmutigen oder gar verdrängen, heißt es.
Fazit: Wenn überhaupt, kommt der Digi-Zentralbank-Euro nur für die Banken. Die können ihn dann so einsetzen, wie sie schon jetzt ihre Guthaben auf Zentralbankkonten verwenden. Business as usual also.
Sehr geehrter Herr Brichta, zwei Fragen zum Thema Minuszinsen:
1. Werden Minuszinsen in der Berechnung der Inflationsdaten eigentlich berücksichtigt? Wenn nein, wäre es sehr interessant zu überlegen, wie diese Minuszinsen sich auf die Inflationsdaten auswirken würden. Immerhin führen diese „STRAFZINSEN“ zu einer Geldentwertung. Die Zürcher Kantonalbank (ZKB) ist bereits bei einer Grenze von CHF 100.000 angekommen, ab der Kunden teilweise davon betroffen sind.
https://www.finews.ch/news/banken/39112-zkb-negativzins-freigrenze-senken
2. Werden Minuszinsen in der Steuerklärung berücksichtigt?
Mit freundlichen Grüssen
Horst Klophaus
Zu Punkt 1 ein klares Nein. Die Inflationszahlen erfassen nur das statistisch, was beim Geldausgeben passiert, und nicht das, was passiert, wenn man Geld hortet.
Aber klar: Parkgebühren fürs Geld mindern auf lange Sicht den Geldwert. Sie sind insofern vergleichbar mit der Stempelgebühr, die schon Silvio Gesell vor hundert Jahren vorgeschlagen hat, um das Geld im Kreislauf zu halten.
Apropos Gesell: Ich kann allen Lesern den Film „Das Wunder von Wörgl“ empfehlen. Er ist zum Beispiel bei primeVideo von Amazon abrufbar und kostet für Nicht-Prime-Kunden in der 48-Stunden-Leihe 2,99€.
Zu Punkt 2 ebenfalls ein klares Nein – laut Bundesfinanzministerium können Negativzinsen nicht als Verluste im Rahmen der Kapitalertragsteuer verrechnet werden.
Das BMF argumentiert: Negativzinsen seien gar keine echten Zinsen, zumindest nicht nach dem Einkommensteuergesetz. Sondern eher eine Verwahrgebühr; so nennen es auch die Banken.
Das ist aber die Regelung bei uns in Deutschland. Wie es bei Ihnen in der Schweiz aussieht, weiß ich momentan nicht. Vielleicht kann uns da ein anderer Leser weiterhelfen?
Ein Glück 😛
btw. wollte heute beim Bäcker mit Karte bezahlen, weil es da jetzt extra Kartenterminals gibt, ging aber nicht, weil der Zahlungsdienstleister Mastercards nicht zulässt. Zeigt also, dass es ohne Bargeld nie gehen wird – es sei denn es gibt eine „staatliche“ Lösung im Sinne von nur einem Dienstleister der ALLE Formen von Karten akzeptiert. Natürlich darf das dann auch den Betrieben nichts kosten, heißt die Terminals müssten dann auch gestellt und gewartet werden.
Diesen Aufwand wird man aber nie machen. Das heißt: Entweder Bargeld bleibt bestehen oder man beschließt die Abschaffung und die Betriebe sind wieder mal auf sich allein gestellt und müssen Unsummen investieren.
Der Digi-Euro wäre fürs Bezahlen auch uninteressant. Nur zur Wertaufbewahrung des Notgroschens wäre er sicherer als ein Bankguthaben, wenn er von der Zentralbank käme.
Das ist aber dann wirklich auch das Einzige.
Ist jetzt unbedeutend, wird aber in der nächsten Krise bedeutend sein 😉
… und die ist ja unvermeidlich in der jetzigen sehr gefährlichen Wirtschafts- und Finanzlage.
Anbei ein interessantes Video mit Prof. Hans-Werner Sinn
https://www.youtube.com/watch?v=di9BhavZ0jg
Seine grundsätzlichen Aussagen zu Anfang finde ich gut. Allerdings ziemlicher UnSinn was er dann zum Thema Elektroauto sagt.
Bundesbank-Vorstand Walz wird in Sachen Digi-Euro ebenfalls sehr deutlich:
Ein „digitaler Euro“ müsse nicht notwendigerweise von der Zentralbank emittiert werden – das könnten auch Geschäftsbanken tun.
Seine komplette Rede steht hier:
https://www.bundesbank.de/de/presse/reden/zahlungsverkehr-der-zukunft-weichenstellungen-fuer-deutschland-und-europa-817472