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US-Zins unter 1%!

4. März 2020 - Raimund Brichta in Allgemein | 15 Kommentare

Die Rendite für zehnjährige US-Staatsanleihen ist heute zum ersten Mal in der Geschichte unter ein Prozent gefallen. Daraus kann man drei Schlüsse ziehen:

1. Auch die USA können sich dem weltweiten Trend zu niedrigeren Zinsen nicht entziehen, obwohl das viele immer wieder behauptet haben. Das ist ein Megatrend, der nichts mit Corona und Co zu tun hat. Im Hintergrund wirken stattdessen die Kräfte, die wir im Buch „Die Wahrheit über Geld“ beschreiben.

2. Der Zinsvorteil des Dollar schmilzt. Deshalb werden zunehmend so genannte Carry Trades aufgelöst (Verschuldung in Niedrigzinsländern, Umtausch in Dollar und anschließendes Anlegen im Dollarraum). Das drückt den Dollarkurs und treibt umgekehrt den Euro nach oben.

Dieser ist jetzt an einen wichtigen Punkt:

Wenn der kleine Abwärtstrend gebrochen wird, könnte ein „Major Move“ nach oben folgen – bis zum großen Abwärtstrend bei derzeit ca 1,20.

3. Der Renditeverfall am Anleihemarkt ist der eigentliche Hintergrund zur gestrigen US-Leitzinssenkung: Wäre die Notenbank untätig geblieben, wäre die Zinsstruktur heftig invertiert (Langfristzins unter Kurzfristzins). Da dies ein Rezessionssignal darstellt, muss die Fed vor allem dagegen ankämpfen.

Fazit: Notenbankchef Powell ist weniger ein Getriebener Trumps oder des Corona-Virus. Er ist vor allem ein Getriebener des Anleihemarkts.

15 Kommentare

  1. Wow!

    Diese Betrachtungsweise ist etwas für Fortgeschrittene und leuchtet ein.

    Sie passt zu meiner Spekulation, dass chinesische Anleihen wegen ihres Zinsvorteils auf Dauer attraktiver werden und die USA deshalb Probleme mit ihrer Defizitfinanzierung bekommen könnten.

  2. Ja sehe ich auch so…jetzt kann man mit Immo, Versorgern, Pharma, Lebensmittel einen ca. 200% höheren lfd. Ertrag erzielen…trotz Virus. Die entsprechenden Titel sind ja auch ziemlich stabil geblieben. Glaube nicht, daß sich bei diesen Werten ein Kursückgang v. 25% ergeben wird.

    • Übrigens hat Vonovia durch Neubau u. Dachaufstockungen auch dringend benötigten neuen Wohnraum geschaffen.

  3. Was heisst das für die Aktienmärkte Herr Brichta,?

    • Ich bleibe bei meiner Prognose vom Jahresanfang, dass am Jahresende ein einstelliges prozentuales Plus aufm Tacho stehen wird.

      • Dann Jahresanfangs Dax von ca. 13.500 plus 1 Prozent, wir halten es nach 😉

        • Um korrekt zu sein: 13.249,01 – das war der Jahresschlussstand 2019. Außerdem reicht einstellig von 1-9% 😉

  4. Wäre es nicht sinnvoll, sich über Derivate gegen einen zunehmend schwächeren Dollar abzusichern?
    Schließlich haben wir überwiegend Werte auf Dollarbasis um Depot.

    • Darüber denken wir selbstverständlich nach. Aber erst müsste der eingezeichnete kleine Abwärtstrend gebrochen werden.

  5. Über Derivate absichern ist aber wohl nur was für professionelle Anleger, oder kann das auch Otto-Normal-Anleger tun. Wenn man nicht tradet, sondern einen Langfristhoriziont von, sagen wir mal, 5+ Jahren hat, sollte man von diesen Hedgesachen doch wohl sowieso die Finger lassen. Oder sehe ich das falsch?

    • Richtig 👍

  6. @Raimund: Großes Dankeschön für diese Informationen, die nicht sofort im Mainstream landen. Ein wertvolles Posting, im übrigen auch Dein Artikel zum Transportindex vs DOW.

    „1. Auch die USA können sich dem weltweiten Trend zu niedrigeren Zinsen nicht entziehen, obwohl das viele immer wieder behauptet haben. “

    Von mir kommt diese Behauptung jedenfalls nicht…;-) Vielmehr sollte jedem bewusst sein, dass die USA ihr „Wirtschaftswachstum“ mit eine massiven Schuldenorgie finanzieren. Deshalb müssen die Zinsen sinken.

  7. Hallo Raimund,

    die Rendite für zehnjährige US-Staatsanleihen ist heute um 0,30 % (entspricht 40 % Anstieg) auf über 1 % gestiegen (die Tage davor auch). Die 30 jährigen US Staatsanleihen ebenso. Der Bund-Future ist von fast 180 auf heute 168 in zwei Tagen abgerutscht.

    Mit anderen Worten, die 10 jährigen Zinsen haben einen kräftigen Schub nach oben bekommen.

    Ist das Deiner Meinung nach nur ein kurzes Strohfeuer und eher den Risikoaufschlägen der vergangenen Tage geschuldet?

    Oder könnte das mit den massiven fiskalpolitischen Maßnahmen zusammen hängen? Erstmals könnten jetzt Billionen Dollars der US Regierung (sollen an die Bürger verschenkt werden) Kaufkraft in der Realwirtschaft erlangen.

    Eine mögliche Schlussfolgerung wäre, dass dadurch die Vermögenspreise fallen (Inflation, steigende Zinsen) und die Verbraucherpreise zulegen. Also umgekehrt zu den letzten zehn Jahren.

    Viele Grüße, Rainer

    • Hallo Rainer,

      Inflation ist momentan, das Letzte, wovor Du Dich fürchten solltest. Eher vor dem Gegenteil: Vor einer deflatorischen Krise, in deren Rahmen Geldvermögen in großem Stil vernichtet werden. Dagegen stemmen sich die Notenbanken und Regierungen mit ihren Geldkanonen.

      Und ja, die letzte Zins-Bewegung nach oben war heftig. Aber noch heftiger war der Zinscrash nach unten in den Tagen davor. Also alles bitte einordnen. Und auch aufs absolute Niveau achten: Bei einem Zinsniveau von 1,x % halte ich es für abwegig, von Inflationsgefahren zu reden, die sich darin vermeintlich widerspiegeln.

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