Categories Menu

Corona rettet den Euro

26. Juli 2020 - Raimund Brichta in Allgemein | 45 Kommentare

Das Corona-Virus könnte als Lebensretter für den Euro in die Geschichte eingehen. Denn die Corona-Krise hat den Anstoß zur Entwicklung einer Medizin gegeben, die die  Überlebenschancen des Euro deutlich erhöht. Zwar ist es gut möglich, dass diese Medizin auch ohne Corona erfunden worden wäre, aber mit Sicherheit nicht so schnell wie jetzt. Und das schreibe ausgerechnet ich, der den Euro früher oder später auseinanderbrechen sah. Was ist geschehen? Der Reihe nach:

Der Euro hat nach wie vor nur in zwei Szenarien eine Überlebenschance: Entweder es werden die Vereinigten Staaten von Europa geschaffen, die einen dauerhaften Finanztransfer von den starken zu den schwachen Regionen garantieren. Oder dieser Finanzausgleich findet auch ohne die Gründung der Vereinigten Staaten langfristig statt.

Letzteres geschieht momentan zwar unter tatkräftigem Einsatz der Europäischen Zentralbank. Ob die EZB diese Aufgabe aber alleine dauerhaft stemmen könnte, ist sehr fraglich. Die Vereinigten Staaten, also Variante Nummer 1, sind auf absehbare Zeit ebenfalls  unwahrscheinlich, weil kaum ein Mitgliedsland bereit sein dürfte, dafür im nötigen Umfang auf eigene Unabhängigkeit zu verzichten.

Nun haben die EU-Staats- und Regierungschefs in der vergangenen Woche aber  einer Mischung aus beiden Szenarien den Weg geebnet. Die Quintessenz aus den Beschlüssen des EU-Gipfels ist nämlich: Die EU benimmt sich wie ein eigener Staat, ohne ein solcher zu sein. Insbesondere kann die EU künftig eigene Schulden machen und damit ihre Mitglieder zu immer größeren Teilen finanzieren, ohne dass die Einzelstaaten dafür in größerem Ausmaß Souveränität nach Brüssel abgeben müssten.

Nicht einmal jener Vorschlag kam durch, der vorsah, die Ausschüttung der EU-Milliarden von der Bedingung abhängig zu machen, dass die Empfängerländer gewisse Stan­dards der Rechts­staat­lich­keit einhalten. Vor allem Polen und Ungarn hatten sich dagegen erfolgreich gewehrt. Nun können die Länder also schalten und walten wie bisher und kriegen trotzdem Milliarden aus den neuen EU-Töpfen überwiesen.

Das ist eine Win-win-Situation. Denn auf der anderen Seite gewinnt auch die EU-Bürokratie an Einfluss, was ihr gefallen dürfte.

Und das Modell ist ausbaufähig: Die EU betritt zwar als Neuling das internationale Finanzparkett, aber als einer, der von Anfang an äußerst kreditwürdig ist. Ihre Anleihen werden weggehen wie warme Semmeln. Wenn die EU und die Finanzmärkte erst einmal auf den Geschmack kommen, werden zwangsläufig mehr und mehr solcher Anleihen folgen. Sie werden keine Ausnahme bleiben – schon gar keine, die irgendwann zurückgezahlt wird. Vielmehr werden EU-Schulden früher oder später zur Normalität. Wie die Schulden herkömmlicher Staaten werden sie „ewig“ erhalten bleiben und weiter wachsen.

Kaum auszudenken, was sich damit in Zukunft alles finanzieren lässt – und das ohne die Aufgabe staatlicher Unabhängigkeit. In einer Art Finanzausgleich lassen sich damit für lange Zeit all jene Schieflagen zwischen den Mitgliedsstaaten glätten, die ansonsten zu einem Auseinanderbrechen des Euro führen würden. (Nebenbei bemerkt, macht die Eurozone nach dem Brexit den weitaus größten Teil der EU aus.)

Damit liegt der Zusammenhalt des Euro nicht mehr allein auf den Schultern der EZB. Diese wird die Gemeinschaftswährung zwar weiterhin mit allen Mitteln verteidigen und über kurz oder lang auch die neuen EU-Anleihen aufkaufen. Aber mit einem Quasi-Schatzamt der EU bekommt die EZB einen potenten Mitstreiter an ihre Seite. Gemeinsam werden beide den Euro länger am Leben erhalten, als es die EZB alleine vermocht hätte.

Dass die Corona-Krise nur ein Aufhänger und Anlass für die Erfindung dieser Eurorettungsmedizin ist, liegt dabei auf der Hand. Schon die als „Corona-Wiederaufbau“ deklarierten 750 Milliarden, die – wie gesagt – nur der Anfang sein werden, sollen hauptsächlich in Bereiche fließen, die unter der Corona-Krise herzlich wenig zu leiden haben: in die Digitalisierung, den Umweltschutz und die Infrastruktur. Nicht überall wo Corona-Hilfe draufsteht, ist eben auch Corona-Hilfe drin.

Doch damit nicht genug: Der Euro-Kapitalmarkt wird mit dem neuen potenten Schuldner EU noch attraktiver. Daher dürfte er im Laufe der Zeit zusätzliche Investoren aus aller Welt anlocken, etwa aus dem angelsächsischen Raum. Für  den Euro-Wechselkurs wirkt die Rettungsmedizin somit  langfristig wie ein Doping. Der jüngste Euro-Hüpfer über 1,16 Dollar dürfte in dieser Hinsicht nur der Anfang gewesen sein,

meint Euer

Raimund

 

 

 

 

 

 

 

45 Kommentare

  1. „Digitalisierung… Umweltschutz… Infrastruktur“ joo, empfehle allen Börsianern passende Aktien oder ETF zu prüfen. Für mich eine dankenswerte Erinnerung durch Raimund.

  2. Es handelt sich um lupenreine Euro-Bonds in der verschärften Version, da die Gelder intern als Zuschüsse verschenkt werden.
    Die Idee, das Konstrukt und der Beginn sind ähnlich wie bei der Weltfinanzkrise 2008. Die Kreditarchitekten hatten es von 2004 bis Ende 2007 geschafft, viele Billionen US-Dollar außerhalb der Bankbilanzen in sog. Schattenbanken zu platzieren. Die IKB beispielsweise hatte eine grundsolide Bankbilanz, wenn man die Geschäfte außerhalb der Bilanz nicht berücksichtigte. Hätte man diese mitberücksichtigt, hätte man erkannt, dass die IKB kein Mittelstandsfinanzierer war, sondern der größte Hasardeur aller Zeiten.
    Nichts Anderes passiert jetzt bei der europäischen Staatfinanzierung. Die EU übernimmt die Funktion einer ausgelagerten Schattenbank. Sie nimmt Kredite in Billionenhöhe auf. Diese Kredite erscheinen nicht in den nationalen Haushalten, so dass z. B. Italien & Co. auf dem Papier die Verschuldungsquoten einhalten und nicht weiter.
    Dieses Spiel wird sehr lange funktionieren. Aber wehe wehe, wenn ich auf das Ende sehe. Den Finanzmarkt kann man nur temporär täuschen (wenn auch über Jahre, aber irgendwann ist die Erkenntnis da). Die Euroretter gewinnen Zeit, die Grundprobleme des Euro werden nicht gelöst, im Gegenteil, das dauerhafte sponsern via Staatenfinanzausgleich kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.
    Fazit: Sachwerte über alles, liquide Mittel so wenig wie möglich und am besten als Bargeld im Tresor.

    • Bisher war mein favorisiertes Szenario, dass der Euro in einer Art kleinem Finale auseinanderbricht, bevor das Geldsystem im großen Endspiel crasht. Diese Erwartung habe ich nun angepasst: Mir Hilfe neuer Berge an EU-Schulden und der damit einhergehenden Alimentierung der schwächeren Euroländer kann der Euro bis zum großen Finale durchhalten.

      Mehr noch: Wenn in diesem Finale der Reset-Knopf gedrückt und danach die Geld-Schulden-Spirale erneut wieder in Gang gesetzt wird, könnte dies sogar mit einem weiter bestehenden Euro (oder einer entsprechenden Nachfolge-Gemeinschaftswährung) geschehen. Denn wenn alles auf null gesetzt wird, gilt dies auch für die EU-Schulden. Auch bei diesen kann das Spiel danach also von vorne beginnen.

      Fazit: Unter den neuen Rahmenbedingungen kann eine europäische Gemeinschaftswährung den Geldsystemcrash sogar überleben.

      Es bleibt spannend. Stay tuned!

      • Das stimmt, dass „kleine Finale“ dürfte jetzt ausfallen, wenn sich jetzt plötzlich alle Euroländer einig sind und Deutschland über seinen Schatten springt. Das „große Finale“ müsste zeitlich aber jetzt früher stattfinden als ohne den neu geschaffenen Schattensektor (EU-Schulden), da das bisschen Haushaltsdisziplin nunmehr unterlaufen wird.
        Ob der Euro oder eine anders genannte Gemeinschaftswährung nach einem Reset wieder auflebt, dürfte davon abhängen, wie der Reset stattfindet. Es gibt ja nicht nur die Gewinner (Schuldner), sondern eine ebenso große Anzahl an Verlierern. Das birgt politischen Sprengstoff, von dem keiner weiß wie er endet.

        • Aber eines ist auch klar: Die breite Masse der Nicht-Vermögenden wird nicht zu dem Verlierern gehören. Dies ist für mich die entscheidende Größe.

      • Das dürfte dann auf eine mehr oder weniger radikale Währungsreform hinauslaufen… Je nachdem wie hart die vorherige Inflation ausfiel…

        • Genau, eine Währungsunion meine ich. Preisinflation (also steigende Preuse) muss vorher gar nicht sein. Eine monetäre Inflation (also steigende Geldmenge) reicht. Und die gibt es schon seit Jahrzehnten.

  3. Völlige Zustimmung zu Euren Kommentaren. Begleiterscheinung zum Thema:

    Gold: 1.943$
    Silber: 24,37$

    Silber mit über 5 Prozent im Plus heute.

    Strategie geht bildhübsch auf.

    • Vollkommen richtig. Die Tatsache, dass der Goldpreis auch in Euro auf Rekord gestiegen ist und nicht nur im (schwächeren) Dollar, zeigt, dass der Goldmarkt auch die vielen neuen Euros in den Blick nimmt, die in die Welt gesetzt werden.

  4. … und der USD wird seinen Einfluss verlieren, weil die Welt den Glauben in the USA verlieren wird. Um eine Weltleitwährung zu sein, bedarf es vor allem einer Sache, einem funktionierenden Rentenmarkt über alle Laufzeiten. China hat und wird das nicht im Nu aufbauen können. Es gibt nur eine Währung die dazu im Stande wäre oder ist und das ist der EUR. Es kann also gut sein, dass Corona der Sargnagel des USD ist. Bisher habe ich auf den Tag gewartet an dem es EUR Bonds gibt, dass wäre das Ende des USD gewesen. Jetzt kommt es also wo anders als man denkt, das Ergebnis ist aber identisch.

    • Ich denke, der Dollar wird auf keinen Fall untergehen.

      Aber er wird unter Druck geraten, weil auch China auf den Bondmarkt drängt – und nun auch die EU. So entsteht eine Konkurrenz unter den Anbietern werthaltiger Anleihen. Und so werden auch die realen Zinsen wieder anziehen, wenn die Staaten sich auf dem freien Markt Geld leihen wollen.

      Und diese Entwicklung trifft dann auch die Staatsfinanzierung durch die Notenbanken. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die es sich leisten können, die großen Währungen immer weiter auszuhöhlen.

      Und es wird auch dazu führen, dass auch Firmen auf dem freien Markt höhere Zinsen zahlen müssen, egal wie hoch die Leitzinsen gerade sind.

    • Euro Bonds.? Der sichere Sargnagel für den Euro…

      • sehe ich anders, da das eine enorme Verschiebung auf der Welt zum Thema Vertrauen geben würde, vor allem beim aktuellen ständig steigenden Vertrauensverlust in the USA. Ist meine Meinung, aber jeder darf da gern eine andere Meinung zu haben.

  5. Hallo lieber Raimund, heißt das, Du siehst die Eurozone nicht mehr als gefährdet an im Sinne eines Auseinanderbrechens oder „nur“ später (wenn ja mit wieviel zeitlichem „Aufschub“ im Vergleich zu Deiner bisherigen Einschätzung)? Besten Dankund liebe Grüße, Jens

    • Dazu habe ich gerade in meiner Antwort an Rainer Kraushaar etwas gepostet, mit dem auch Deine Frage beantwortet sein dürfte.

  6. Hallo Raimund,

    so explizit beurteilt wie Du, hatte ich die letzte Entwicklung noch gar nicht, aber:
    Klar, Du hast vollumfänglich recht!
    Damit geht ebenfalls, wie von Dir beschrieben, die Dollar-Stärke sukzessiv zu Ende, eine Neubewertung des Euro wird sich in den kommenden Jahren einstellen.
    Ferner gilt weiterhin: schwacher US-Dollar (zum Euro) ist gut für die Weltwirtschaft und nicht nur gut für den Goldpreis, sondern auch für die Rohstoffmärkte insgesamt.
    Jetzt bracht es nur noch die Impfstoffe und eine Abwahl Trumps und die Weltwirtschaft dürfte wieder durchstarten, die Aktienkurse ganz vorne mit dabei!
    Ist es wirklich so einfach?
    Vermutlich nicht, aber die Anleger würden diese Dose vermutlich ewig die Straße herunterkicken.
    The roaring 20’s are back – 100 Jahre später, eventuell sogar mit dem gleichen „Ende“ wie damals – aber da sind wir noch nicht.

    Beste Grüße, Martin.

    • Servus Martin,

      zu den roaring 20‘s: Ich halte nach wie vor den Systemcrash zum Ende des kommenden Jahrzehnts für möglich. Ist natürlich kein Muss. Könnte auch später sein. Aber es würde tatsächlich gut passen.

  7. Hallo Raimund, ist das jetzt eine gute Nachricht oder schlechte?

    • Ich sehe das wertneutral. Es ist so, wie es ist. Schubladendenken wie „gut“ oder „schlecht“ ist nicht meine Sache.

      • Es wird langfristig in eine Wirtschafts-. Währungs- und Sozialunion münden, ob man das dann USE oder Europäische Republik nennt ist dabei völlig schnuppe.

        Wird am Ende nur noch darum gehen, wieiviel fiskale Unabhängigkeit den Mitgliedsstaaten bleibt.

  8. Reset

    Jetzt ist es Zeit zu handeln,
    weil sich Zeiten jetzt wandeln.
    Mit dem € ist bald Schluss,
    mit diesem Fiatgeld, machst du kein Plus.
    Auch der $ als Leitwährung ist Geschichte,
    die Edelmetalle stehen jetzt im Lichte.
    „Ja – mal schauen“, hab ich oft vernommen,
    mit diesen Worten, ist der Freund mir entronnen.
    „Der eine wartet, dass die Zeit sich wandelt,
    der andere packt sie kräftig an und handelt“.
    So hat es Dante Alighieri, der Philosoph beschrieben,
    so sind die Menschen heut‘ – sehr verschieden.
    Hast du nicht den Wandel der Zeit vernommen,
    wirst du vom Staat wie eine Gans ausgenommen.
    Freunde können dein Handeln nicht verstehen,
    weil sie denken, du wirst voll auf Risiko gehen.
    In Gold und Silber heut‘ zu investieren
    und die günstigen Minen jetzt zu analysieren.
    Da die Edelmetalle im Preis sind manipuliert
    und bevor die sich haben normalisiert,
    hast du Zeit €’s in Edelmetalle zu tauschen
    und dem Weltgeschehen gelassen zu lauschen.
    Diese Chance heut und jetzt auszulassen,
    ist gleich, sich dem Schicksal zu überlassen.
    Die Papiervermögen sind dann nichts mehr Wert,
    weil du sonst gesetzt hast auf das falsche Pferd.
    Ja, das ist seit dem Jahr 2000 klug,
    nur so entgehst du dem $ Betrug.
    Jetzt harre in Ruhe die Dinge aus – sei besonnen,
    das goldene Zeitalter hat begonnen.
    Wenn die Unze Silber das Komma verliert,
    Der Dax bis auf 2000 abschmiert.
    War es das mit Höchstständen vom Dax,
    sind sie jetzt beim Golde, das ging Fax.
    War das RESET nur ein kleines Wort,
    Gold und Silber doch ein sicherer Ort.

    • Wurde es schon mal 1982 geschrieben? Klingt älter

  9. Lieber Raimund, 10 Abschnitte Deines Beitrags versah ich mit ! (vom 5 ***** Zirkus habe ich die Nase gestrichen voll). Beim Abschnitt “Win-Win” kann ich eigentlich nur Teil 1 verinnerlichen. Meinst Du das wirklich? Oder ist es die Brise Ironie in Deiner Analyse, zu der ich gern noch etwas hinzufüge?
    Niemand will doch mehr Einfluss der EU-Bürokratie, nicht einmal die Empfängerländer, und alle bekämpfen diese sogen. Monster-Bürokratie: Recht ? Von den Europäischen Verträgen bis zur Rechtsstaatlichkeit herrscht höchstens verbale Beachtung; diesen Bereich kann man einstampfen. Defizitverfahren? Wurden als Preis für die Einigung auf die Präsidentin vollends abgeschafft. Controlling der Mittelverwendung? Soll nicht bzw. nur sehr wohlwollend stattfinden, kann die Präsidentin mit der linken Hand erledigen. Rabatte im EU-Haushalt und „flexibler“ Einsatz von Mitteln des Strukturfonds werden zwar zunehmend wichtiger um z. B. “Unsolidarische” zu bekehren (aus 5 können eben wegen des offensichtlichen Erfolgs auch mal 10 werden). Sie werden jedoch in wenigen (Nacht)Sitzungen des Rats verhandelt, die Verteilungsschlüssel insgesamt nochmal neu festgelegt, die +- Zahlungen z. B. mit xls ausgewiesen und von der EU-Bürokratie korrekt (hoffentlich) kontiert. Ein Finanzminister wird dazu nicht gebraucht – und die unliebsame Steuereintreibung geschieht (oder auch nicht) in den Mitgliedsländern.
    Wirkliche EU-Gemeinschaftsprojekte, für die eine gut funktionierende Kommission samt perfekter Bürokratie eine wichtige Rolle spielen könnte, sind leider weit und breit nicht ersichtlich. Schon jetzt ist erkennbar dass die publizierten Überschriften Digitalisierung, Umwelt, Infrastruktur regional delegiert werden und kaum einen Gemeinschaftsschub bewirken werden. „Gefühlt“ kommen nur Reparaturen von Hauptstadtflugplätzen oder von regionalen Autobahnbrücken, die ggf. dringend notwendig sind, in den Sinn. Sie brauchen jedoch wie auch sonstige “Löcher- Reparaturen” keine EU-Bürokratie.
    Vielleicht kann ich Dir trotzdem zustimmen. Einerseits fällt auch mir kein zweiter Gewinner ein und andererseits braucht der EU-Bürger den Trost dass seine Kind – KindesKind Verschuldung zwar seine Virus-Situation kaum verändern wird aber wohl eine (andere) WIN-WIN Situation zur Folge haben könnte.
    Selbst die (wenigen) Anhänger der „Vereinigten Staaten von Europa“ sind eher Teil einer „LOOSE“ Situation geworden da nun die Mehrheit auf (un)absehbare Zeit mit einer vollendeten Transfersituation ihren Wunschtraum als zu 100% erfüllt ansehen wird und keine weiteren europäischen Bedürfnisse hat – schon gar nicht Abgaben wie z. B. von Souveränität.

    • Win-win: „Meinst Du das wirklich?“

      Klar, die Empfängerländer kriegen Kohle, die EU-Bürokratie mehr Einfluß. Jeder bekommt also was. Ich werte das – wie immer – nicht. Sondern stelle nur fest, wie‘s ist. Wenn Du willst, kannst Du natürlich eine leichte Ironie darin lesen. Aber es bleibt trotzdem richtig, oder?

      Insgesamt empfinde ich Deine Zeilen als recht emotional gehalten. In vielem steckt zwar etwas Wahrheit, aber andere mögen das anders sehen. Ich beschreibe dagegen nur das, was unstreitig ist. Das unterscheidet uns.

      • Gut, mit der “leichten Ironie” lag ich dann nicht so falsch: Insgesamt prima Artikel und Frage beantwortet.
        Nun hast Du noch ein Fragezeichen und einen Absatz angefügt. Und Du schreibst “ich werte das – wie immer nicht. Sondern stelle nur fest wie’s ist”. Trivial ist das wenn man abzählen kann wie z. B. bei KOHLE (oder beim Fussball). Bei EINFLUSS (oder beim Kunstturnen) kommt man um eine Wertung nach bestimmten Kriterien nicht herum wenn man jemand zum Gewinner küren will. Dabei können unterschiedliche Personen zu differierenden Ergebnissen gelangen und vielleicht alle meinen, sie hätten nur festgestellt wie’s ist. Der Einfluss auf die Zukunft der EU sollte doch vorwiegend durch gewählte Repräsentanten geschehen und nicht durch die ca. 40.000 Mitarbeiter umfassende EU-Bürokratie. Du hast geschrieben „Nun können die Länder also schalten und walten wie bisher und kriegen trotzdem Milliarden aus den neuen EU-Töpfen überwiesen.
        Das ist eine Win-win-Situation.”
        Ob da der Bereich, der sich mit Rechtsangelegenheiten befasst, sich als „Winner“ sieht? Wie ist es in den anderen ca. 25 Kommissariaten? Sicher werden diese Überweisungen aus den „neuen EU-Töpfen“ eine zusätzliche Arbeit sein. Ob das eine markante Einflusszunahme zur Folge hat, welche diese Bürokratie zum Winner macht? Die Zeitungen waren voll mit Winnern und manche auch mit Loosern. Du hast nun diese Paarung gewählt – andere können das anders sehen. Die Beschlüsse müssen nun durch die Parlamente – vielleicht kommen noch Überraschungs-Winner oder –Looser dazu.
        Im Rückblick habe ich auch das Gefühl, etwas scharf formuliert zu haben. Ironie/Zynismus/Satire will ich nicht abstreiten. Emotionen habe ich bei Bürokratien weniger. „Unstreitig“ (in Deinem vorletzten Satz) empfinde ich recht nahe bei „unfehlbar“. Wer entscheidet denn was unstreitig ist? Legt das derjenige fest, der darauf seine weitere Argumentation aufbauen will und diese somit auch als unstreitig erscheinen lassen will? Ich fühle mich da wohler in der Nähe des Zitats von Hannah Arendt „Wahrheit gibt es nur zu zweien“. Ja, wenn Du so willst unterscheidet uns das – sei’s drum.

        • „Bei EINFLUSS (oder beim Kunstturnen) kommt man um eine Wertung nach bestimmten Kriterien nicht herum wenn man jemand zum Gewinner küren will.“

          Ich persönlich will doch keinen Gewinnere küren, sondern stelle wertneutral fest, dass sowohl die Länder profitieren (Geld, Knete, Zaster) als auch die EU-Bürokratie (größerer Einfluss, größere Unentbehrlichkeit). Mehr Arbeit ist für die EU-Bürokratie überhaupt kein Gegenargument, weil mehr Arbeit auch mehr Personal und damit eine noch größere Bedeutung nach sich zieht. Die EU-Bürokratie lebt doch geradezu davon, sich immer unentbehrlicher, immer wichtiger und immer größer zu machen.

          Dass der Einfluss doch besser durch gewählte Repräsentanten ausgeübt werden sollte und nicht durch die EU-Bürokratie, ist DEINE Wertung. Wenn ich werten würde, würde ich dem sogar zustimmen. In dem Artikel werte ich aber bewusst nicht 😉

          Es geht mir nämlich nie darum, was ich (oder ein anderer) mit gut oder schlecht bewerte, sondern immer nur darum, wie es sich voraussichtlich entwickeln wird. Nur darauf kommt es an. Nur darauf haben wir uns in zukunft einzustellen. Und eine immer umfangreicher werdende EU-Bürokratie gehört definitiv dazu.

          • Wir sind ja jetzt überwiegend auf der begrifflichen Ebene angelangt. Bürokratien haben oft ein Wachstums- und Einflussbegehren und ich stimme Dir zu dass beides meist gekoppelt ist. Das Verhältnis zwischen Repräsentanten und EU-Bürokratie ist ja vertraglich festgelegt. Insofern betrachte ich meinen Satz dazu lediglich als Hinweis darauf und nicht als Wertung. Ich hätte ihn auch weglassen können da Du das natürlich weisst.
            100% Zustimmung dass Du vom „Gut – Schlecht“ fern geblieben bist. Bei mir kam Dein Artikel an als Analyse/………/Diskussion/Schlussfolgerung/Einschätzung der künftigen Entwicklung von EURO/Geldpolitik/Verschuldung/Finanztransfers auf Grund Deiner langjährigen Erfahrung auf diesen Gebieten (da wo die Punkte stehen hätte ich noch Wertung geschrieben – nach unserem Dialog scheint dieser Begriff jedoch zu vieldeutig zu sein). Dass der Artikel Deine Meinung wiederspiegelt hast Du mit der Schlussformel angedeutet. Die meinige ist nicht weit weg. Bei dem Win- Win musste ich etwas schmunzeln – daher meine Frage.

          • Nur eine Präzisierung zum Thema Meinung: Ich äußere meine „Meinung“, ohne dabei zu werten. So „meine“ ich, dass der Euro in den nächsten Jahren im Trend weiter zulegen wird, ohne dies aber als „gut“ oder „schlecht“ einzustufen. Ich hoffe, damit zur Klärung beigetragen zu haben 😉

  10. Das hatte ich durchweg so verstanden. Was für die eine Interessengruppe als „gut“ angesehen würde, wäre für eine andere evtl. „schlecht“. Bei den xxx Interessengruppen, die mir da so durch den Kopf gehen, würdest Du mit „Sortieren“ kaum fertig werden. Und wenn Du nur eine Gruppe hervorhebst geht natürlich das „Schubladen-Schieben“ los.
    Interessant könnte für die „WWW-Menschheit“ eine Art Fortsetzung des Artikels in Richtung der künftigen Zins-Szenarien sein, die künftig für EU und DE wahrscheinlich sind. Das kann man wohl ebenso in + oder – ausdrücken ohne auf „gut“ oder „schlecht“ einzugehen.

    • Die Zins-„Szenarien“ bestehen aus einem Szenario: Bis zum Zusammenbruch des Geldsystems (Währungsreform o.ä.) bleiben die Zinsen niedrig. Deutlich steigende Zinsen verträgt das System in diesem Entwicklungsstadium nämlich nicht mehr. Niedrig heißt für das kommende Jahrzehnt: Spanne zwischen -1% und +1%.

      • Das war bereits vor dem „Corona-Wiederaufbau-Programm“ das wahrscheinliche Szenario – oder nicht? Meine Frage zielte auf die Konsequenzen dieses „CWP“ hin. Können da Rating-Änderungen und somit innerhalb der EU + oder – Änderungen in den Zinsen der Mitglieder für z. B. Staatsanleihen erwartet weden und wenn ja in welchem %-Bereich z. B. für DE?

        • „Das war bereits vor dem „Corona-Wiederaufbau-Programm“ das wahrscheinliche Szenario – oder nicht?“

          Richtig, ich habe ja auch nicht behauptet, dass die neuen EU-Schulden am großen Bild der Niedrigzinsen etwas ändern.

          Wenn Du kleinere %-Schwankungen für Bundesrenditen im Voraus wissen möchtest, fragst Du am besten Deine Glaskugel 😉

          • Und auch ich habe NICHT behauptet dass Du so was „behauptet“ hast. NEIN, ich habe auch nicht nach „kleineren %-Schwankungen im Voraus“ gefragt sondern nur nach Konsequenzen aus Haftungsverschiebungen aufgrund des Corona- Wiederaufbau-Fonds; wie Du leicht nachlesen könntest. „%-SCHWANKUNGEN“ kommen in den nachfolgenden Kommentaren vor. Vielleicht wolltest Du da jemand seine Glaskugel empfehlen. Ich habe jedenfalls nie behauptet eine zu haben.

          • “NEIN, ich habe auch nicht nach „kleineren %-Schwankungen im Voraus“ gefragt sondern nur nach Konsequenzen aus Haftungsverschiebungen aufgrund des Corona- Wiederaufbau-Fonds”

            Aber diese Frage von war doch so zu verstehen, dass Du nach %-Veränderungen fragst:
            “Können da Rating-Änderungen und somit innerhalb der EU + oder – Änderungen in den Zinsen der Mitglieder für z. B. Staatsanleihen erwartet weden und wenn ja in welchem %-Bereich z. B. für DE“

            Du hast also nach Zinsveränderungen gefragt und in welchem %-Bereich diese liegen könnten. Nach meiner Erwartung liegen diese im kleineren %-Bereich. Das habe ich Dir damit gesagt. Genaueres überlasse ich Deiner Glaskugel 😉

  11. Herr Brichta in einem Kommentar von Markus Koch ,wurde erwähnt das die 10 jährigen Anleihen in Amerika im Begriff sind zu Steigen,immerhin so Richtung 0,7 % und noch weiter,es ist nicht viel aber prozentual doch,ich bin doch recht erstaunt darüber.schöne grüsse

    • Um zu erkennen, dass die US-Renditen in den vergangen Tagen gestiegen sind, brauchen Sie doch keinen Kommentar von irgendjemanden. Als aufmerksamer Marktbeobachter sollten Sie das auch so mitbekommen haben. Aber ich weiß, manche Leute zitieren eben gerne andere 😉

      Und ja, dauerhaft niedrige Zinsen schließen auch Schwankungen nicht aus. Wenn man sich dabei im absolut niedrigen Zahlenbereich befindet, fallen solche Schwankungen dann relativ groß aus. Darüber haben wir hier im Blog schon ausgiebig diskutiert. Ein Anstieg von 0,5 % auf 1% ist schließlich relativ gesehen eine Verdoppelung.

      Auch das gehört zu den Begleiterscheinungen einer Niedrigzinsperiode.

  12. Genau…deshalb sollte man speziell bei der Analyse der Zinsentwicklung eine vernünftige Charttechnik verwenden.

    • Richtig, zum Beispiel logarithmische Charts nehmen.

    • Was gibt‘s da zu Lachen? Log-Charts gehören zum grundlegenden Handwerkszeug jeder sinnvollen Analyse langfristiger Charts.

  13. Klar bei Aktien, aber selbstverständlich kann man ansonsten (Zinschart) auch mit Kanonen auf Spatzen schießen bzw. einen Elefanten aus 1 m Entfernung durch ein Vergrößerungsglas beobachten bzw. sieht man den Wald vor lauter Riesenbäumen nicht mehr. Wenn Du weißt was ich meine :))

    • Niemand schießt mit einem Chart. Zumindest habe ich davon noch nichts gehört 😂

      Wenn man aber auch bei Zinsen nicht den Log-Chart nimmt, dann erkennt man u. U. wesentliche Trends nicht bzw. meint, ein Trend sei gebrochen, wenn er im maßgeblichen Log-Chart noch gar nicht gebrochen ist. Oder man fällt auf das Scheinriesen-Phänomen rein und meint, früher seien Zinsschwankungen stärker gewesen als heutzutage … ist alles schon vorgekommen 😉

    • Freilich hat der Log-Chart bei Zinsen auch seine Grenzen. Und diese liegen im negativen Zinsbereich. Diese Grenzen muss man also ebenfalls kennen.

      • Lieber Raimund, ich bin ganz sicher… Du hast schon anlässlich der vorangegangenen Diskussion die Nachteile des Log Charts, wenn man diesen auf die Zinsentwicklung anwendet, erkannt. Zinssenkungen im oberen Bereich erscheinen wie Bonsais…Zinssenkungen im unteren Bereich erscheinen wie Mammutbäume. Die Wirklichkeit wird verzerrt wiedergegeben. Dabei ist die jeweilige Bedeutung eines Zinsschritts nach unten genau entgegengesetzt…der Bonsai ist f. eine weitere positive Kursentwicklung weit wichtiger als der Mammutbaum unten. Von oben besteht mehr Zinsfantasie…diese wird aber insbesondere durch die erste Zinssenkung v. oben geweckt. Diese erste v.- oben -der Bonsai- ist ursächlich f. die weitere Entwicklung. Der Praxistest war bereits. Künftige Beispiele werden wir wohl beide leider vor dem Tag X nicht mehr erleben

        • Leider bist Du auf dem Bonsai-Holzweg … der Nachteil des Log-Charts beim Zins ergibt sich ausschließlich im negativen Zinsbereich. Im positiven Bereich ist er für die Chart-Analyse der einzig maßgebende. Das hatte ich in unserem Diskurs vor einigen Monaten bereits ausführlich erläutert. Ich bitte Dich – und bei Interesse auch den geneigten Leser -, dort einfach noch mal nachzublättern.

Schreibe einen Kommentar zu Martin Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

wp-puzzle.com logo