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Kreditampel weiter auf grün!

12. Dezember 2019 - Raimund Brichta in Allgemein | 43 Kommentare

Unter dem Titel „Ein gutes Signal für die Wall Street“ wies ich im Sommer darauf hin, dass die Aktienkäufe auf Kredit an der Wall Street so niedrig seien, dass sie einem weiteren Kurs-Anstieg nicht entgegenstünden. Im Gegenteil: Dass sie einen Anstieg sogar beförderten, weil dies ein Zeichen für fehlende Euphorie sei.

Der Wellenreiter vertrat die gegenteilige Auffassung: „Sollte die Vorsicht anhalten, fehlt das Pulver der Euphorie als Kurstreiber“, schrieb er damals.

Inzwischen hat sich gezeigt, dass die positive Interpretation für das zweite Halbjahr die treffende war. Die Mauer aus Angst, an der die Kurse am besten emporklettern können, ließ damals grüßen. Und sie grüßt heute immer noch, wie diese neue Grafik aus dem aktuellen Wellenreiter zeigt:

Quelle: Wellenreiter vom 12.12.19

Die Aktienkäufe auf Kredit sind im Vergleich zum Sommer sogar weiter zurückgegangen. Das bedeutet: Keine Gefahr, dass bei fallenden Kursen eine sich selbst verstärkende Kaskade an Zwangsverkäufen derer entsteht, die Aktien auf Pump gekauft haben.

Man muss zwar beachten, dass die Kreditkaufzahlen immer erst etwa 2 Monate später bekannt werden. Die letzten stammen also aus dem Oktober. Aber auch wenn sie sich seither wieder etwas erholt haben dürften, lässt die Euphorie weiter auf sich warten.

Sie wird irgendwann zurückkommen, keine Frage. Und dann werden die kreditfinanzierten Käufe die Kurse vermutlich zu ihrem nächsten Höhepunkt treiben. Von dort aus können sie dann wieder fallen. Stay tuned!

 

43 Kommentare

  1. Warren Buffett kann seit längerem mit den irrwitzigen Bewertungen nichts mehr anfangen und muss als absoluter Gegner von Barvermögen genau dieses in astronomische Höhen horten. Dies kam schon ein paar mal in seiner Laufbahn vor und er hatte immer Recht behalten. Psychologie hin, Psychologie her. Chart hin, Chart her.

    • Was meinen Sie mit recht behalten? Dass es irgendwann wieder rappelt, bezweifelt doch niemand. Die Frage ist nur, ob das zeitnah der Fall sein wird? Die Indizien sagen nein.

      • Mit Recht behalten meine ich, dass der Markt überbewertet ist. Überbewertung ist in vielen Augen relativ. Ein KGV z. B. von 20 kann bei der selben Aktie einmal als günstig und einmal als teuer vom Markt bewertet werden. W. B. hat seine eigenen Kriterien, nachdem er die Märkte einschätzt. Ohne seine Maßstäbe nachvollziehen zu können sagt mir mein Bauchgefühl (und ich bin auch schon seit den 90ern an der Börse), dass er wieder richtig liegt und es nicht mehr all zu lange dauern dürfte, bis die Realität den Markt einholt. Wie viel Wasser bis dorthin noch den Lech runter läuft, weiß man nicht. Aber ich würde mich aktuell nicht mehr wohlfühlen, wenn ich jetzt investiert wäre (auch wenn das wieder ein Hinweis für Sie ist, dass es weitergeht).

        • Dann schauen Sie sich einfach mal den Chart des DAX-KGV an. Im historischen Vergleich weder billig noch teuer – also einfach richtig. Nicht zu heiß und nicht zu kalt. Und das, obwohl die Zinsen als Konkurrenz zu den Aktien viel schlechter abschneiden als zu den Hoch-Zeiten eines DAX-KGVs von 30+.

          Auch KGVs entwickeln sich in Zyklen. Wir kamen nach den Krisenjahren aus dem KGV-Keller und werden uns in den nächsten Jahren sukzessive wieder aufs Dach zubewegen. Das heißt nicht, dass es in den nächsten Jahren keine heftigen Korrekturen mehr geben wird. Aber diese lassen sich nicht mit der Bewertung begründen.

          Und by the way: In Sachen Buffett steht hier nach wie vor die Frage im Raum, warum er dann nicht im vergangenen Dezember zugeschlagen hat – außer bei Apple. Weil im auch dann noch alles zu teuer war?

          Zum Vergrößern anklicken (Quelle: https://www.boerse.de/dax-kgv/):

          • Entschuldigung! Man muss das Große Ganze sehen.

            Eine von Nikolai Dmitrijewitsch Kondratjew beruhende Theorie, die man kennen sollte.
            Ein Gedicht von mir!

            Wer die langen Wellen vom Zyklus nicht kennt,
            weiß nicht, was jetzt die Wirtschaft hemmt!
            1780 hat es unser Nikolai schon verraten,
            das vermittelten ihm die Empirischen Daten.

            40 bis 60 Jahre läuft der Zyklus Namens Konjunktur.
            Frühling, Sommer, Herbst und Winter, so die Literatur.
            Im Jahre 1780-1850 war als Zyklus die Kraft,
            die haben zum Schluss die Währung hingerafft.

            Die Menschen schenkten Aktien und Währung kein Vertrauen
            und man musste wieder bei einem Neustart auf Gold bauen.
            Der zweite Zyklus 1850-1890 war der Transport
            und die Eisenbahn fuhr von Ort zu Ort.

            Nikolai erkannte die Gesetzmäßigkeiten im Wirtschaftssystem,
            ja der Knabe Kapitalismus, alles muss sich um ihn drehen.
            Die neue Technik sah er als Folge der neuen Welle
            und der „Schwarze Freitag“ im Zyklus Winter war die Delle.

            Ab 1890 kamen die Zyklen drei, vier und fünf mit tollen Innovationen
            und die Banken spielten mit dem Zins und Manipulationen.
            Die Währung zu privatisieren war der erste Schritt,
            den Goldstandard aufzuheben, war der härteste Tritt.

            Banken ließ man zu, die Währung durch Schulden zu kreieren,
            die Medien, die Menschen immer aufs Neue zu manipulieren.
            Kriege konnten Staaten jetzt leicht führen
            und mit der geschaffenen „Fiat Währung“ finanzieren.

            Boom und Bust waren in den Jahren die Folge
            und vergessen haben die Menschen das Golde.
            Den Zyklus Winter haben wir seit dem Jahr 2008
            und alle treibt man in die Schulden, doch gib acht.

            Der sechste Zyklus ist schon auf der Lauer und beginnt,
            wenn das Gold wieder glänzt und die Oberhand gewinnt.
            Politiker wollen dieses so recht nicht verstehen,
            man spricht von neuen Schulden und Konjunktur beleben.

            Möchtest du im Zyklus Frühling in die Wirtschaft investieren,
            darfst du im Zyklus Winter dein Vermögen nicht verlieren.
            Deshalb höre nicht auf das Geschwätz von Medien und Politik,
            denn ich gebe dir jetzt den ultimativen Tipp.

            Gold ist Geld seit über tausenden von Jahren
            und kann so dein Vermögen über Generationen bewahren.
            Du kannst im Zyklus Winter zwar deine Arbeit verlieren,
            aber mit Gold brauchst du nicht zu kapitulieren.

            Dann folgt der Zyklus Frühling mit neuen Innovationen
            und jetzt kommst du mit dem Gold, den neuen Millionen.
            Kannst die junge Wirtschaft mit Gold als Geld stützen,
            weil Fiat Währungen jetzt nichts mehr nützen.

    • Herr Buffet lag auch schon falsch, siehe Kraft Heinz. Niemand ist unfehlbar. Es ist ja nicht so, dass Buffett keine Aktien mehr besitzt und diese verkauft hätte. Vielmehr sitzt es auf ein nettes Portfolie und lässt nebenher die Cashquote anwachsen. Und bringt – ganz wichtig – Geduld auf.

      Wenn es dann mal richtig kracht kauft es spottbillig ein. Der Gewinn liegt angeblich im Einkauf hab ich mal gelesen…;-)

      @Raimund: könnte es sein, dass die US-Aktienkäufe auf Pump genau deshalb nicht so hoch sind, weil die US-Privatverschuldung deutlich gestiegen ist? Wenn man x Kredite am Laufen hat kauft es sich schließlich nicht so entspannt Aktien ein…

      • Da die Verschuldung im Trend immer steigt, liegt sie auch stets auf Rekordhoch oder zumindest in er Nähe desselben. Ich kann also nicht erkennen, warum dies in den vergangenen Jahrzehnten kein Bremsfaktor gewesen sein soll, aber ausgerechnet jetzt.

      • Hier ist der passende Chart dazu:

    • Nun, ich halte Gold und ich halte Berkshire für den Fall, dass die Kurse fallen, was sie bestimmt irgendwann werden. Aber vor allem halte ich MSCI World und EM, weil dort das Wachstum ist.

      Dass wir 2020 ein derart fulminantes Jahr wie dieses erleben, kann ich allerdings nicht glauben. Immerhin: Die Mauer der Angst steht noch. Auf MarketWatch handeln die Mehrzahl der Artikel vom möglichen Abschwung.

      Die amerikanischen Investoren trommeln hin und wieder für die Emerging Markets, obwohl ihre Regierung diese bekämpft. Und vielleicht kommt von den EM die nächste positive Überraschung. Das unbeholfene Vorgehen der USA gegenüber China und der EU kann man auch so verstehen, dass die USA ihre Dominanz langsam verliert und jetzt um sich keilt.

  2. Leider gibt es auch die Springer Presse. Sie raten einem zum Aktienkauf. Der neuste Artikel: Wie man mit nur in 13 Jahren zum Millionär werden könnte. Ich werde nicht verkaufen. Aber ich werde vorsichtig sein.

    • Vorsicht ist immer gut. Allerdings nutzt sie einem Aktienanleger i.d.R. auch nicht viel: Entweder er ist investiert oder nicht 😉

    • Danke für den Hinweis, Marko Dargel. Der Bildzeitungsindikator hat also ausgeschlagen.
      Allerdings werden die Kurse nicht in Deutschland gemacht, sondern in den USA. Und da sieht es mit dem Sentiment anders aus.

      • Was schreibt denn die Bildzeitung in den USA???😂

  3. Bauchgefühl u. Buffet sind kein wirklich rational begründetes Argument. Zwar ist auch der Markt nicht immer völlig rational, aber eine im Verhältnis zum Rentenmarkt deutliche erkennbare Unterbewertung der Aktien wird er -v. psychologischen Schwankungen abgesehen-auch weiterhin nicht ignorieren.

    • Das Bauchgefühl hat meistens Recht…und ist ein interessanter Themenkomplex.

      • „Meistens“ gibt es dazu Statistiken? Schön, wenn es intuitiv alle f. die Kursentwicklung massgebenden Gesichtspunkte unterschwellig berücksichtigt, wenn es nur darauf beruht, dass ein Index lange Zeit gestiegen ist habe ich Zweifel…

        • Mein Bauchgefühl hat sich bei mir in >90% bestätigt – bezogen auf sämtliche Lebensbereiche.

          • An der Börse war mein Bauchgefühl nie was wert. Ich ging immer von einem Crash aus, dass ich zu teuer gekauft hätte und den Markt timen müsste. Ich brauchte über 25 Jahre um zu lernen, dass mein Bauchgefühl Mist ist. Crashtiming war das Teuerste, was ich je gemacht habe. Heute bin ich ein Halter. Das ist lustig. Wenn man 100 Prozent Gewinn hat, dann lernt man plötzlich, dass Verkaufen ein 14 prozentiger Kurssturz ist. Hält man länger macht mehr Plus, dann wird das Plus größer und der Sturz schwerer. Das Übelste, was ich heute machen kann, ist Verkaufen. Ich würde mehr verlieren, als ich im Jahr verdiene. Ich müsste absolut sicher sein, dass morgen ein Untergangscrash kommt, damit sich ein Verkauf lohnt. Aber wissen können das nur Leute, die Aktien sehr lange halten. Damit sie richtig Plus haben können. Sonst sieht man das nicht. Verkaufen ist das Teuerste, was man an der Börse machen kann, wenn man Plus hat. Aber dafür muss man Aktien auch lange halten.

  4. Ich möchte es mal an Visa erklären. Ich bin auch auf Wallstreet Online aktiv. Da beklagte sich jemand, dass Visa seit Monaten nichts macht. Ich war dafür blind. Visa ist meine zweitgrößte Position und ich bin dreistellig im Plus. Verkaufen kommt nicht in Frage. Daher lässt es mich kalt. Hätte ich Visa gerade erst gekauft, wäre es vielleicht anders. Dann würde ich das letzte halbe Jahr gegenrechnen. So weiß ich nur, dass ich nicht verkaufen will. Ist man erstmal richtig im Plus, guckt man nicht mehr hin. Und genau das habe ich gelernt. Wenn ich neu kaufe und ins Minus gehe, zweifel ich. Bin ich lange genug drin, ist es mir egal. Dann zählen die Steuern.

    • Psychologisch verständlich, aber sachlich anzuzweifeln. Für die Entscheidung über halten oder verkaufen sollte in erster Linie die zu erwartende Kursentwicklung den Ausschlag geben. Der Einstandskurs spielt dabei eigentlich keine Rolle.

      • Nun ja, wenn Verkaufen steuerlich einen Crash da stellt, muss man anders denken. Man muss auch die Frage stellen, ob man das Geld so erfolgreich anlegen kann, dass man den Verkaufscrash ignorieren kann. Für die meisten kommt diese Frage nie auf, weil sie Markttiming betreiben und dauernd handeln. Sie kennen kein 100 Prozent Plus. Das kann nur Leuten passieren, die komplett auf Marktiming pfeifen. Das ist auch ein Warren Buffett Problem. Er kann Coca Cola nicht verkaufen ohne dabei kastriert zu werden. Aber wie gesagt. Es gibt nicht viele Menschen, die sich übergeben müssen, wenn sie auf Verkaufen klicken, weil die Steuer sie trifft. Der Gesetzgeber sieht das ähnlich. Er hat Aktiengewinne genau deswegen von Sonstigen getrennt. Die meisten Menschen machen mit Aktien keine Gewinne. Sie halten Aktien einfach nicht lange genug. Wir können ja mal eine Umfrage starten, wer Aktien im Depot seit mehr als 2 Jahren hat, mit denen er im Gewinn liegt. Nein, ich frage nicht, wer Aktien seit 20 Jahren mit Verlust hat. Ich kann mir vorstellen, dass es sehr viele Langzeit Daimler Aktionäre gibt. Mit Verlust will ja keiner verkaufen.

        Ich habe nur noch Air Liquide Aktien im Depot, die ich 2009 gekauft habe. Das war kein Können. Ich habe halt immer gekauft und Air Liquide ist meine älteste Position. Ich halte nicht mehr viel von Air Liquide. Und schon gar nichts von der französischen Kommunisten Steuer , die mich ärgert. Aber ich bin mit über 150 Prozent im Plus, da verkaufe ich nicht mehr. Natürlich gilt, würde ich denken, Air Liquide wird untergehen, würde ich verkaufen. Aber ich denke nur, dass sie zu teuer sind und keine gute Rendite mehr erwirtschaften werden. Ich denke, dass man vermutlich deutlich billiger bekommen könnte. Aber um die Steuern auszugleichen, die mich ein Verkauf kostet, muss es richtig knallen. Und darauf würde ich nicht wetten. Nein die Welt sieht anders aus, wenn man richtig Plus hat. Dann zählt auch, was das Finanzamt einem Überlässt. Dann rechnet man ganz anders. Was bringt mir ein 18 prozentiger Kurssturz beim Verkaufen (200 Prozent Gewinn) , wenn die Aktie danach nur um 15 Prozent fällt?

        Außerdem nimmt der Stress ab, wenn man richtig Plus hat. Dann sind 20 Prozent Minus egal, anders, als wenn man gerade gekauft hat. Und Psychologie ist auch wichtig. Verkauft jedes Minus, haltet jedes Plus und in ein paar Jahren fühlt ihr euch einfach wohl. Fällt eine Aktie um 20 Prozent, mit der ihr fett im Plus seit, ist es euch egal. Bei gerade eingestiegen, sieht das ganz anders aus. Ich meine, ich habe mich über den Heuler echt gewundert, der sich darüber beschwert hatte, dass Visa seit 6 Monaten eine Luftnummer ist. Ich habe es nicht mal gemerkt. Mir war auch egal, dass Air Liquide jahrelang nichts gemacht hatte.

        • Warum nicht….wenn man beim Betrachten v. Depotauszügen Freude empfindet. Bei der früher möglichen Stückeauslieferung könnte man sich noch an der künstlerischen Gestaltung mancher
          Aktie erfreuen. Heute meine ich muss man gelegentlich auch mal einen raushauen…

        • @Marco: Weitestgehende Zustimmung, sind mittlerweile auch meine Erfahrungen. Es kommt aber auf die Aktien an.
          – Wenn man Zykliker kauft, muss man auch mal verkaufen. Mit bewährten Burggraben-Zyklikern macht man nicht die >100%, allerdings trotzdem ordentliche Renditen.
          – Richtig, die Wachstumswerte a la VISA, Alphabet etc. lässt man lieber liegen.

          Der springende Punkt ist aber der Faktor Psychologie: je länger man dabei ist, desto mehr hat man seine Schäfchen im Trockenen und wird gelassener. In der Börsen-Anfangszeit wird man naturgemäß bei 20% Gewinn nervös, realisiert, freut sich riesig und geht einkaufen. Kostolany war anfangs scheinbar auch ein Zocker. Er wurde später geduldig.

          Ich persönlich bin froh, dass ich meine Gazprom-Strategie durchgezogen habe und diese komplett halte. Bei Norilsk Nickel hatte ich leider ein paar Stücke verkauft (Trading-Versuche), ursprünglich ein EK von ca 15 Euro. Jetzt sind sie bei 28 Euro, und schütten über 3 Euro Dividende aus. Sieht wunderschön aus im Depot, und 20% Dividendenrendite sind krass. Deswegen rät Kostolany auch zu GEDULD.

    • Ein beneidenswerter Zustand. Da könnte man buddhistischer Mönch werden.

      Aber ernsthaft: Jetzt, wo die Fonds jedes Jahr abgesteuert werden, ist die Dargel-Strategie einen Gedanken wert. Man muss nur die richtigen Werte zum lange Halten finden.

      • die Wahren Werte hier bieten sich sehr gut an.

  5. Na ja. Ich hab mir seit langer Zeit mal wieder eine Börsenzeitschrift gekauft, als Weihnachtslektüre. Darin es einen anregenden Artikel, in dem die folgende Rechnung aufgestellt wurde: Wenn man jedes Jahr immer nur auf die stärksten 10% der Aktien der Welt des Vorjahreszeitraums gesetzt hätte, dann wären im Zeitraum von 1947 bis 2006 aus einem Dollar 53829,84 Dollar geworden. Hätte man dagegen immer auf die schwächsten 10% gesetzt (in der Hoffnung, ein Schnäppchen zu machen, weil sie ja so billig sind) dann wären aus dem einen Dollar ganze 4 Cent geworden, die man noch übrig hätte. (Steuern sind da vermutlich nicht eingerechnet).

    So gesehen, wäre jährliches Verkaufen und Neukaufen einer Kaufen-Halten-Strategie deutlich überlegen. Vorausgesetzt man setzt immer nur auf die stärksten Aktien (und ignoriert dabei auch astronomische KGVs, jegliche Vernunft, Fundamentaldaten, etc. ).

    Markowitz würde bei solch einer Strategie wohl die Hände über dem Kopf zusammenschlagen.

    Tatsächlich gibt es einen Haken: Gelegentlich gibt es Jahre mit ganz herben Rückschlägen. Und solche brutalen Verlustzeiträume können auch mal länger andauern (z. B. Jahre 2000 – 2003 und erneuter Absturz in der Finanzkrise 2008). Psychisch hält daher niemand die obige Strategie durch (es sei dem, ihm/ihr ist das Geld sowieso egal).

    Eine Buy-and-Hold-Strategie ist m. E. nicht schlecht, wenn man auf eine möglichst große Anzahl von Dauerläufern setzt (z. B. Church & Dwight und andere Werte des Wahre-Werte-Depots). Wie von den vorherigen Diskussionsteilnehmern schon gesagt, spart das Steuern. Das hat außerdem auch den Vorteil, dass sich das Depot nach einiger Zeit ganz von selbst optimieren kann. Die Evolution verrichtet ihr Werk, so dass diejenigen Aktien, die die Erwartungen längerfristig nicht erfüllen, irgendwann kein nennenswertes Gewicht mehr im Depot haben und damit keine Rolle mehr für die Performance spielen. Man kann der Evolution noch ein wenig helfen, indem man diejenigen Aktien, die längere Zeit nicht steigen – damit de facto keine Dauerläufer mehr sind – herausschmeißt.

    Zumindest versuche ich seit einiger Zeit, dies teilweise umzusetzen. Tatsächlich aber verfolge ich eine Art Mix-Strategie: Einerseits Dauerläufer, dabei eher seltene Verkäufe (d. h. annähernd einer Buy-&-Hold-Strategie folgend). Andererseits augenblicklich starke Wachstumswerte, die jedoch noch keine Dauerläuferquqlitäten bewiesen haben, und bei denen ich daher nicht zögere, sie sofort zu verkaufen, wenn es rappelt. Hin und wieder landet dann noch etwas Geld im annäherd sicherem Hafen. Z. B. in Gold oder in defensiven Fonds. Das beruhigt die Nerven. Bisher hat sich das bewährt. Von der kurz- oder mittelfristigen Schnäppchenjagd bei beliebigen Aktien, die weder Dauerläufer noch augenblicklich starke Wachstumswerte sind, nehme ich zunehmend Abstand, auch wenn es manchmal geklappt hatte. Ein einziger Missgriff genügt, und viele Erfolge sind wieder zunichtegemacht. Die Schnäppchenjagd ist eher etwas für Spieler, aber nicht für Statistiker.

    • Vielleicht sollte man sich doch eine anständige Lektüre kaufen und Börsenzeitschriften eher meiden 😉

      • Wie wäre es mit: „Burton G. Malkiel: „A Random Walk down Wall Street – The time-tested strategy for succesful investing“, completely revised and updated 2019/14“ oder ähnlich und leichter zugänglich mit einem frühen Buch von einem gewissen Raimund Brichta (habe ich mir jetzt gekauft).

    • „wenn man auf eine möglichst große Anzahl von Dauerläufern setzt“. Sehe ich auch so…mit der Betonung auf “ möglichst große Anzahl“. Das WWD tendiert ja inzwischen auch zu einer breiteren Streuung. Dauert aber wohl etwas.

  6. Die ARD macht gerade eine Aktien-Challenge der besonderen Art. Sie lassen einen Elefanten gegen einen ausgewiesenen Aktienprofi antreten. Gegenwärtig liegen sie gleichauf.
    https://kurse.boerse.ard.de/ard/depot_portfolio_public.htn

    Es wundert mich, dass der Profi gegen den Elefanten angetreten ist. Er kann dabei nur schlecht aussehen. Beispiele aus der Vergangenheit zeigen, dass seine Chance zu gewinnen bei 50% etwa liegt. (Beispiele mit Affen oder Dartpfeilen)

    Soviel zur Einzeltitelauswahl.

    • Du kannst die Einzelauswahl aber modifizieren. Du kannst sagen, was Du nicht machen solltest. Diese Frage stellen sich viele nicht. Sonst hätte keiner Steinhoff im Fall gekauft. Diesen Punkt überlegen viele nicht.

      Wir habe einen Markt, indem, 25 Prozent den Markt treiben, der Rest macht Plus Minus Null, wobei einige gewinnen und der Rest verliert.
      Die erste Frage wäre, was darf ich nicht kaufen. Ganz im ernst: Diese Frage stellt sich keiner. Sie machen Charts, traden, aber mal ganz im ernst. Ca. 30 Prozent Plus Minus Null verliert am Markt. Wer hat sich schon mal gefragt, was er nicht kaufen darf? Was hätte einen vor Deutscher Bank, EON, Steinhoff, Commerzbank, Karstadt etc. geschützt?

      Ich sage wahre Werte.

      Du kannst im Prinzip nicht sagen, was passiert und ich sage es direkt, ich glaube nicht an Charts. Das echte und einzig wahre Ziel sollte sein, nicht die Verlierer Aktien zu haben. Damit verpasst man auch Turnarounds, aber die sind echt selten. Ich würde jede 3:1 Wette annehmen, die sportlich aber nicht riskant ist, dass Steinhoff keinen Turnaround für die Aktionäre erlebt. Weil es selten passiert. Das bedeutet nicht, dass es nicht passieren kann. Es bedeutet, dass es meistens nicht passiert. Langfristig verliert man damit Geld.

      Wie gesagt, die meisten fragen nicht, was man nicht machen darf. Daraus folgt, was man machen darf.

      Ich will es mal pervers für alle Niedrig KGV Fans und Hohe Dividendenrendite Anhänger formulieren. Nehmen wir mal die letzten 30 Jahre. Gab es da viele Aktien mit niedrigem KGV und hoher Dividendenrendite, die besser als der Markt waren oder waren es eher Aktien mit niedriger Dividendenrendite und höherem KGV?. Okay und was habt Ihr gekauft? Daimler!! Und jetzt BASF oder wie?
      Daimler notiert auf dem Level der 90iger.

      Nein, ich denke, man muss sich erstmal klar machen, was man nicht kaufen darf. Und damit kommt man zu den wahren Werten. Was besser läuft, weiß keiner. Aber es hilft viel, wenn man das nicht anfasst, womit man sich verbrennen kann. Der Rest ist Glück.

      • Durch die Minuszinspolitik haben sich f. mich auch die Toleranzgrenzen für das KGV u. die Dividendenrendite verschoben. Ein KGV v. 20 – 25 stellt f. mich aktuell kein Kaufhindernis mehr da. Bei Hoffnungswerten wie Steinhoff ist die bekannte Binsenweisheit “ der Verlust kann maximal 100 % betragen, der Gewinn nach oben über 1000% „zu bedenken. Trotzdem hatte ich Steinhoff nie. Aktien -egal ob WW, Zykliker, Wachstumswerte etc.- sind u. bleiben Risikopapiere. Es gibt zu viele unvorhersehbare Ereignisse…auch negative.Mit zu wenigen Titeln wird die Sache zum Glückspiel. Mit Geduld u. sehr breiter Streuung wird auch der Elefant v. Aries bei zufälliger Titelauswahl Dank Wirtschaftswachstum, Innovationen die Gewinnschwelle überschreiten.

        • Gibt es eigentlich Untersuchungen dazu, wie viele Einzelaktien man braucht, um einen Markt sinnvoll abzubilden?

          • Das kommt vermutlich darauf an, welchen Markt Sie abbilden wollen. Aber mit einem Index liegen Sie bestimmt nicht falsch 😉

  7. Angeregt von Marco Dargel und Peter Czeck habe ich die Einzelaktienstrategie mal mit folgendem Standardwerk unterfüttert: James P. O‘Shaughnessy: „What Works on Wall Street“, 2012/4

    Ergebnis: Eine einfache Strategie, mit wenigen Aktien einen Index abzubilden ist, die 10% mit dem niedrigsten KGV zu kaufen und das jährlich neu anzupassen. Langfristig müsste man damit etwa 4% besser sein als der Index.

    Daraus habe ich ein Welt-Portfolio zusammengestellt aus DJ Global Titans 50 und MDAX. Die Werte sind:
    – Gazprom
    – Banco Santander
    – Mitsubishi Financial
    – Toyota Motor
    – Citigroup
    – alstria office
    – Aroundtown
    – LEG
    – Prosieben Media
    – Grand City

    Alle diese Werte haben auch eine attraktive Dividenden-Rendite.

    Die Sache hat zwei Schönheitsfehler: Kleinere deutsche Immobilienaktien bilden ein Klumpenrisiko und die Gesamtstrategie schneidet in Zeiten anhaltender Euphorie schlechter ab.

    Aber sei’s drum. Ich habe daraus ein Musterportfolio erstellt und lasse es einige Jahre laufen. Mein Referenzindex soll MSCI ACWI sein.

    Eigentlich bin ich ein rebalancierender Index-Investor und bin damit gut gefahren. Aber lernen kann man ja immer.

    p.s.: Gründe für die Index-Auswahl:
    Global Titans ist ein Welt-Index, der auch Emerging Markets berücksichtigt und wegen der Größe der enthaltenen Werte Aktien enthält, die in Deutschland handelbar sind.
    MDAX ist ein gut handelbarer Nebenwerte-Index, der historisch mit dem MSCI World mithalten kann.

    • Interessant ist, dass keiner unserer wahren Werte in ihrer Auswahl enthalten ist. Aber so ist eben Börse: Die Aktienauswahl ist so riesig groß, dass jeder mit seinen eigenen Werten glücklich werden kann – oder auch nicht 😉

      • Mittlerweile bin ich mit meiner Forschung auch etwas fortgeschritten. O‘Shaughnessy hat auch eigene Fonds aufgelegt. Die sind aber trotz seiner beeindruckenden Forschung gegenwärtig nicht allzu erfolgreich.

        Fairerweise muss man sagen, dass es mit dem Wahre-Werte-Depot auch so geht. Das kann daran liegen, dass Value-Werte derzeit nicht so gut laufen. Vielleicht ändert sich das ja, wenn die Zeiten sich ändern. Jeder kommt an der Börse schließlich mal zum Zuge.

        • Wie kommen Sie darauf, dass unsere wahren Werte derzeit nicht so gut laufen? Unser Depotwert liegt aktuell bei 155.000 EUR. Im Vergleich zum Jahresanfang entspricht das einem Zuwachs von 21 Prozent. Was wollen Sie mehr?

          • Ich habe auf die Performance des WahreWerteFonds geschaut. Und der hat im Jahr 2019 11,5% plus Ausschüttung zugelegt.

            Mit 21% bin ich einverstanden. Das haben gute Vermögensverwaltungen auch gemacht.

          • Sorry, ich hatte mich verkuckt: Das Depot ist mit 124.000 ins Jahr gestartet. Das heißt, es sind jetzt 25% plus.

    • Ich halte gar nichts von solch pauschalen Vorgehensweisen. Investieren heißt, sich um jede Einzelaktie ausreichend Gedanken zu machen. Bspw.: Werden die Produkte des Unternehmens noch in 5 Jahren, in 10 Jahren nachgefragt werden? Auf dem Airport Auckland werden Passagiere abgefertigt werden, Lachs wird gegessen werden.

      Aus der obigen Liste
      – sehe ich für die spanische Bank und für ProSiebenMedia schwarz; ob es beide noch in 10 Jahren gibt?
      – Gazprom hingegen wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit auch noch in 30 Jahren geben…

      Fazit: Wahre Werte.;-)

      • Nun, es ist ja ein Versuch und ich persönlich investiere so auch nicht.

        Santander und ProSieben kann man auch als Turn-Around-Kandidaten sehen. Aber darüber müssen wir uns nicht streiten. In einem Jahr zählt nur, ob ihr KGV noch bei den unteren 10% des Index zu finden sind.

        Wenn einer mit gründlicher Überlegung und unter Berücksichtigung der Kennzahlen einzelne Aktien auswählt, wird er auch Verlierer dabei haben, die sich anders als gedacht entwickeln.

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