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Vergesst die Schuldenquote!

14. März 2020 - Raimund Brichta in Allgemein | 8 Kommentare

Die FAZ fragt heute:

„Wo aber stünde Deutschland nun, wenn nach Finanz- und Euro-Krise keine Konsolidierung der öffentlichen Haushalte erfolgt wäre? Wie glaubwürdig wäre die Ankündigung der Bundesregierung heute, wenn Deutschland immer noch eine Schuldenquote nahe 90 statt 60 Prozent der Wirtschaftsleistung hätte, wenn statt der Überschüsse ein dickes Minus in den Kassen herrschte?“

Die Antwort lautet: Sie stünde immer noch besser da als die USA. Dort liegt die besagte Schuldenquote bei 107 Prozent der Wirtschaftsleistung. Na und? Sorgt sich aktuell deshalb irgendjemand um die Zahlungsfähigkeit des US-Staates und der hinter ihm stehenden US-Notenbank?

Niemand tut das. Die Geldkanonen der USA werden genauso ernst genommen wie die Deutschlands oder der EZB. Das heißt, es macht tatsächlich kurzfristig keinen Unterschied.

Langfristig auch nicht. Denn langfristig steuert das System ohnehin auf seinen Zusammenbruch zu, wie aufmerksame Leser dieses Blogs und unseres Buches wissen. Nur ist die Zeit dafür noch nicht reif, solange die staatlichen Bazookas noch ernst genommen werden.

Und letzteres hängt nicht an der „künstlichen“ Zahl Schuldenquote, die sich ohnehin manipulieren lässt. Nehmen wir zum Beispiel an, die Notenbank kaufte sämtliche Staatsanleihen auf und striche diese anschließend aus ihrer Bilanz, erließe damit dem Staat also die Schulden. Die besagte Quote würde in diesem Fall gegen null tendieren – und trotzdem wäre der Zusammenbruch näher gerückt.

Mein Rat also: Achtet auf die richtigen Größen und lasst Euch nicht durch den Blick auf die falschen in die Irre führen.

8 Kommentare

  1. Solange das Vertrauen in unser“Geld“ da ist ,solange werden Schulden gemacht und es geht weiter wie bisher!Klappt in Japan seit Jahren.
    Das Vertrauen in die EU ist in Italien aber schon wieder stark am sinken.Dort fühlen sich die Menschen von dem Rest Europas vergessen und verraten:Zu wenig Hilfe am Anfang der Krise,und jetzt wo Deutschland und Frankreich im
    Corona Dilemma sind fliessen die Gelder!Berechtigte Kritik? Vielleicht ja, vielleicht auch nein .
    Auf jeden Fall wartet da das nächste Problem auf uns.Das Vertrauen in die Eurozone!!

    • Hallo Umberto,

      natürlich ist das berechtigte Kritik.

      In den 11 Uhr Nachrichten von N-TV vom Samstag den 14. März, hat die Moderatorin nach dem Bericht über die Situation in den Krankenhäusern in Italien und die sympathischen Aktionen der Italiener auf den heimischen Balkons, das Spruchband mit dem Hashtag “Andrà tutto bene” – “Alles wird gut” als “sarkastisch” bezeichnet. Wie kann man dieses Zeichen der Hoffnung und Solidarität so missdeuten? Was steckt da in den Köpfen an Vorurteilen drin?

      Natürlich fühlen sich die Italiener allein gelassen. Machen aber kein Drama draus.

      Da helfen auch keine Worthülsen von Ursula von der Leyen “Siamo tutti Italiani” – “Wir sind alle Italiener”, weil es sowieso keiner glaubt. Zu oft sind die Südländer schon, und vor allem Italien, vom Norden zum Sündenbock für alles was schief läuft gemacht worden. Im Grunde belächelt man sie im Norden, traut ihnen keine Ernsthaftigkeit zu. Es steckt immer noch eine gehörige Portion Arroganz und Überheblichkeit im Verhältnis von Nord zu Süd.

      Wenn unser aller Politiker nicht endlich aufwachen und Europapolitik für alle Menschen in Europa machen, dann wird das Projekt Europa zerbrechen. Dann war der Brexit nur der Anfang. Neuestes Beispiel dagegen: Die Reform des ESM. Man stärkt die willkürlichen Kriterien des Maastricht-Vertrages und schließt die Hälfte der EU-Staaten von den Krediten aus. Natürlich auch Italien. So wird‘s lanfristig nicht klappen.

      • … gilt nicht nur für viele Politiker, sondern auch für viele Journalisten, die immer wieder mit profundem Halbwissen zu Italien und leichtfertig gewählten Formulierungen dazu beitragen, Vorurteile zu nähren anstatt abzubauen und für gegenseitiges Verständnis zu werben.

  2. Hallo Herr Brichta,
    durch den Fokus auf Corona, gerät aus meiner Sicht ein genau so großes Problem in den Hintergrund, das sich wohl nicht so schnell löst:
    Der Ölpreiskrieg, den Saudi-Arabien führen muss, un möglichst viel zu verkaufen, um die zu hohen Staatsausgaben decken zu können. Der Anteil der Ölindustrie am high-yield-Markt beträgt knapp 12 %. Wenn es hier zu Verwerfungen kommt, die auch auf die Banken wirken werden, haben wir das nächste Problem. Somal viele der große Ölkonzerne hohe Fremdkapitalquoten haben

  3. Danke für die Infos. Wie oder woran merkt man eigentlich das es eben dann der Zusammenbruch ist ?

    • Das besprechen wir, wenn es so weit ist. Einfach wird auch das nicht, das verspreche ich 😂

  4. Aber was genau bedeutet dann „Zusammenbruch“? Vertrauen in die Währungen wäre weg, klar. D.h. Schulden und Vermögen in den Währungen wertlos, auch klar. Aber die mit den Schulden geschaffenen realen Werte (Infrastruktur, Maschinen und Anlagen etc.) sind doch in der Welt und wären es ohne das Schuldensystem zum großen Teil wohl nicht. Warum wäre also ein Neustart mit neuer Währung so eine Katastrophe (außer natürlich für die Vermögenden, bei denen läge die Gefühlslage natürlich auf der Hand :-)) ?

    • Von einer „Katastrophe“ habe ich doch gar nicht geredet. Sinnvoll ist es nur, sich darauf einzustellen. Dies alles beschreiben wir übrigens ausführlich in unserem Buch.

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